UmweltNachrichten Heft 4/2002 zur Liste | home

PIC und POPs

Mirex
Die chemische Struktur von Mirex, ein vollständig chloriertes dimeres Pentadien (siehe Text)
Quelle: www.chem.unep.ch/pops/alts02.html

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden durch Pflanzenschutzmittel (Schädlingsbekämpfungsmittel, Pestizide) weltweit jährlich 1 000 000 Menschen vergiftet und davon werden etwa 20 000 zu Todesopfern. Allein 7500 Vergiftungen stehen mit den Substanzen Parathion (E 605) und Methamidophos in Verbindung. Das solche Chemikalien auch die natürliche Umwelt schädigen und wild lebende Tiere vergiften ist kaum zu bestreiten.

Die Forderung nach einer völkerrechtlich verbindlichen Regelung ist auch in der Agenda 21 niedergeschrieben infolge des Erdgipfels im Jahre 1992 in Rio de Janeiro (Kapitel 19: Umweltverträglicher Umgang mit toxischen Chemikalien; im Rahmen eines Global harmonisierenden Systems, GHS). Aber erst am 10. September 1998 wurde in Rotterdam die PIC-Konvention zur völkerrechtlich verbindlichen Regelung für den weltweiten Handel mit gefährlichen Chemikalien geschaffen (Rotterdamer Übereinkommen).

Im selben Jahre wurde der Anstoß für das am 23. Mai 2001 unterzeichnete Stockholmer Übereinkommen gegeben, das die Produktion, den Handel und die Anwendung der 12 gefährlichsten Chemikalien (das dreckige Dutzend) weltweit ächtet; was unter verantwortungsbewussten Menschen als Verbot angesehen wird (POPs-Konvention).

Unter POPs versteht man langlebige Umweltgifte (Persistent Organic Pollutants). Nicht nur wegen ihrer Toxizität und Anreicherung in Lebewesen haben POP's eine besondere Stellung, diese Chemikalien werden in der Geoshäre nur langsam abgebaut und stehen damit der Pflanzen- und der Tierwelt lange Zeit zur Aufnahme zur Verfügung.

Mirex

Mirex war ein Insektizid mit vielen Handelsnamen und kam 1959 auf den Markt. Es wurde vorwiegend gegen Ameisen und Termiten in den USA, in Teilen Lateinamerikas und in Südafrika eingesetzt. Weiterhin wurde es als Flammschutzmittel in Plastik, Gummis, Farben, Textilien und Papier zugesetzt.

Verschiedene Vergiftungserscheinungen beim Menschen wurden beobachtet, wie Lungenödeme, Atemnot oder Reizungen der Haut. Im Fettgewebe wurde vereinzelnd bis zu 6ug Mirex pro kg Fett nachgewiesen, in Milch waren Rückstände um 0,01 ug/kg nachweisbar.

Die letale Dosis bei Ratten lag über 600 mg/kg Körpergewicht und Langzeitstudien wiesen auf ein karzinogenes Potenzial hin. Die Metabolisierung erfolgt über Dihydromirex und höher hydrierten Varianten (Abbau der Chloratome).

Mirex ist eines der langlebigsten Pestizide mit einer Halbwertszeit von 10 Jahren. Mirex wurde über die Nahrungskette (Fische, Wildtiere) weit verbreitet, bis hin in arktische Regionen.

Alle registrierten Produkte die Mirex enthielten wurden bis 1978 vom Markt genommen. Danach war Mirex nur noch als Lagerbestand bei den Anwendern verfügbar. Im Jahre 1976 wurden nur noch 450 kg hergestellt, während es 1972 immerhin noch 20 000 kg waren.

In der toxikologischen Faktendatenbank CIVS, die vom Bundesministerium für Gesundheit unterhalten wird und seit 1998 öffentlich zugänglich ist, ist Mirex folglich nicht mehr aufgelistet.

 
 

Aufgrund der international schwierigen Reglements sollen sowohl das Rotterdamer als auch das Stockholmer Übereinkommen (PIC und POPs) unabhängig voneinander erst im Jahre 2004 in Kraft treten.

Seit der 9. internationalen Regierungskonferenz (UN-Konferenz) zur PIC-Konvention, die vom 30. September bis 4. Oktober dieses Jahres in Bonn stattfand, sind 31 Pestizide und Industriechemikalien in das Managementsystem für den weltweiten Handel aufgenommen. Bisher noch nicht in die Liste aufgenommen ist Asbest, obwohl die damit ausgelöste, zum Tode führende Lungenerkrankung, die so genannte Asbestose, schon lange bekannt ist. In den USA liegen mehr als 100 000 Klagen auf Schadensersatz gegen Firmen vor, die dieses Isoliermaterial herstellen oder verarbeiten.

Weiterhin ist bemerkenswert, dass acht der geächteten POPs auch in der PIC-Liste aufgeführt sind; siehe Tabelle. Warum kann, wenn auch kontrolliert, mit chemischen Stoffen Handel betrieben werden, wenn diese verboten sind? Oder sollte es um Entsorgungshandel gehen? Nun, das ist vielleicht eine Sache für das Baseler Übereinkommen, das die grenzüberschreitende Abfallverbringung regeln und kontrollieren soll. Und was ist mit den vier POPs die nicht in der PIC-Liste stehen? – werden die womöglich gar nicht hergestellt? – siehe Kasten.

Heinz Wohlgemuth

 

Die Redaktion Umwelt, am 15. Dezember 2002       – ugii Homepages –