Umweltpanorama Heft 7 (Februar 2005) | zur Liste | home | ||||||
Trinkwasser für Berlin Berliner Gewässer im Blickfeld der Wasserversorgung |
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Etwa sechs Prozent der Landesfläche Berlins sind Gewässer. Diese teilen sich auf in: Seen wie der Schlachtensee, Flussseen wie der Tegeler See, Müggelsee oder Wannsee, Flüsse wie die Panke, Wuhle oder Erpe, regulierte Flussläufe wie die Spree, Havel oder Dahme sowie Kanäle wie der Landwehr- oder Teltowkanal. Doch die transportierte Wassermenge durch Berlin ist niedrig und schwankend. Die Wassermenge der Spree ist sogar rückläufig aufgrund der Stilllegung der flussaufwärts gelegenen Braunkohletagebaugruben, die bis 1990 etwa eine Milliarde Kubikmeter pro Jahr Wasser in diesen Fluss pumpten. All dies führt zu einem erhöhten Anteil von aufbereitetem Abwasser in den Gewässern und längeren Verweilzeiten des Oberflächenwassers in den regulierten Flussläufen. Mit den Berliner Gewässern muss daher sehr sorgsam umgegangen werden und die Aufbereitung zu Trinkwasser ist eine große Herausforderung. Die Gewässer werden intensiv für unterschiedliche Zwecke genutzt. Sie haben für die Bevölkerung einen hohen Erholungswert und wirtschaftlich sind sie für die Binnenfischerei und als Wasserstraßen von Bedeutung. Für die Wasserversorgung des Landes Berlin sind sie die wesentliche Ressource des aus Uferfiltrat und Grundwasseranreicherung gewonnenen Trinkwassers. Darüber hinaus dienen die Gewässer als Vorfluter für behandeltes Ab- und Regenwasser aus Trennsystemen sowie für den Regenwasserüberlauf aus der Mischkanalisation. Die Wasserversorgung Berlins Der sandige Boden und der Untergrund der Berliner Gegend bieten günstige hydrogeologische Voraussetzungen für die Wasserversorgung. Bakterien, Viren und andere Krankheitserreger werden während der Bodenpassage eliminiert. Deswegen konnte im westlichen Teil Berlins über mehrere Jahrzehnte hinweg aufgrund der folgenden Gegebenheiten die Wasserversorgung aufrechterhalten werden. Die Wasserversorgung wird aus den Quellen der Region einschließlich seiner Flüsse im Stadtgebiet gespeist. Die Ressourcen bestehen ausschließlich aus Grundwasser, einschließlich natürlicher und künstlicher Anreicherung, und Uferfiltrat. Es wird kein Oberflächenwasser direkt genutzt. Der Süßwasserhorizont in Berlin ist verhältnismäßig flach. Unter einer undurchlässigen Schicht von Geschiebemergel liegt ein riesiges Salzwasserreservoir. Da in mehreren Gebieten der Stadt ist die Schicht zwischen Süß- und Salzwasserhorizont durchlässig ist, müssen die Wasserwerke ihren Pumpmodus sehr sorgfältig ausbalancieren, um das Eindringen von Salzwasser in den Süßwasserhorizont zu vermeiden.
Die Uferfiltration, ein besonders in Deutschland seit vielen Jahren für die Trinkwassergewinnung angewandtes Verfahren, versorgt die Region Berlin mit einem Anteil von zirka 56 Prozent. Bei diesem Verfahren werden an die Gewässer, ufernahe Brunnen eingesetzt, die das Sickerwasser aufnehmen. In jüngster Zeit stößt die Uferfiltration weltweit auf ein wachsendes Interesse als Vor- oder Aufbereitungsverfahren bei der Trinkwasserherstellung, das es sich gleichermaßen als nachhaltig und kostengünstig erweist. Die durchschnittliche Niederschlagsmenge von 600 Millimeter pro Jahr mit einer natürlichen Grundwasseranreicherung von 200 Millimeter pro Jahr ist nicht ausreichend, um den Grundwasserspiegel in allen Teilen der Stadt aufrechtzuerhalten. Deswegen spielt auch die künstliche Grundwasseranreicherung mit einem Anteil von zirka 14 Prozent in der Wasserwirtschaft der Berliner Region eine wichtige Rolle. Das ausgebrachte Wasser sickert innerhalb von 50 Tagen oder mehr durch den Untergrund bis es schließlich die Trennschicht erreicht. Die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften des Wassers werden während dieser Phase so stark verbessert, dass es dem natürlichen Grundwasser nahezu gleich kommt. Das Wasserversorgungssystem in Berlin impliziert eine einfache Trinkwasseraufbereitungsmethode: Wasserentnahme Belüftung Beseitigung von Mangan und Eisen Filtration. Zur Beseitigung von Eisen und Mangan wird das gesamte aus den Grundwasserhorizonten entnommene Rohwasser belüftet und durch Schnellsandfilter geschickt. Vor seiner Verteilung als Trinkwasser, wird es nicht mehr weiter aufbereitet. Daher ist das einwandfreie Funktionieren der natürlichen Filterstufen unerlässlich, um die hohe Trinkwasserqualität in Berlin weiterhin zu gewährleisten. Ein naturnahes Aufbereitungsverfahren ohne Chemikalien kann nach wie vor beibehalten werden. Es ist keine Desinfektion des Trinkwassers erforderlich, allerdings müssen Vorkehrungen für eine sorgfältige Wartung des Wasserrohrnetzes getroffen werden. Um den Qualitätsstandards zu entsprechen, werden strenge Vorsorgemaßnahmen hinsichtlich der Wassermanagements (Grundwasser und Oberflächenwasser) umgesetzt. Wasserverschmutzung Im Jahr 2001 wurden zirka 668 800 Kubikmeter aufbereitetes Abwasser pro Tag in die Berliner Gewässer eingeleitet. Die Folge ist eine Belastung der Gewässer mit Nährstoffen wie Phosphat und Stickstoff, sowie mit Bakterien und Krankheitserregern, Resten organischer Verbindungen, insbesondere nicht biologisch abbaubarer Substanzen sowie mit gelösten Salzen. Die Schadstoffkonzentration und die Belastung durch bestimmte Bestandteile des städtischen Regenwassers aus dem Mischwasserüberlauf können recht hoch ausfallen. Die Menge des Mischwasserüberlaufs an den Pumpstationen beläuft sich auf etwa eine Millionen Kubikmeter pro Jahr und an den Regenwasserbecken auf etwa drei Millionen Kubikmeter pro Jahr. Die Gesamtmenge an Mischwasserüberlauf wird auf zirka sieben Millionen Kubikmeter im Jahr geschätzt. Die Verschmutzung der Flüsse durch ihr Einzugsgebiet und durch die Einleitung von aufbereitetem Abwasser und Regenwasser aus den Misch- und Trennsystemen der Berliner Region haben eine insgesamt negative Auswirkung auf die Gewässer in Bezug auf Wasserversorgung und Trinkwasserqualität. Die Eutrophierung ist hierbei das Hauptproblem. Sie fördert das Algenwachstum, insbesondere Cyanobakterien mit den damit verbundenen hohen Konzentrationen von Algentoxinen. Jährlich gelangen innerhalb Berlins etwa 38 Tonnen Phosphor über den Mischwasserüberlauf in die Berliner Gewässer. Besondere Beachtung gilt jedoch der hohe Eintrag an Phosphor in die Berliner Gewässer mit zirka 189 Tonnen aus dem Einzugsgebiet der Flüsse. Entwicklungen Uferfiltration und künstliche Grundwasseranreicherung waren immer wichtige Faktoren der öffentlichen Wasserversorgung in Berlin, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Inbetriebnahme von Wasserwerken an Spree, Tegeler See und Müggelsee ihren Anfang nahm. Bis heute sind Uferfiltration und künstliche Grundwasseranreicherung notwendige Komponenten der Berliner Wasserversorgung, da das gesamte Trinkwasser aus den lokalen Ressourcen stammt. Von den 220 Millionen Kubikmeter des jährlich geförderten Trinkwassers werden etwa 70 Prozent durch Uferfiltration und Wasserinfiltration gewonnen. Deswegen liefert Berlin ein gutes Beispiel für die Anwendung dieses Prinzips. Ein groß angelegtes Forschungsprogramm NASRI *) das von den Berliner Wasserbetrieben in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Berlin entwickelt wurde, untersucht alle für die Uferfiltration und Grundwasseranreicherung relevanten Prozesse im Detail hinsichtlich der hydrogeologischen Gegebenheiten und der chemischen und mikrobiologischen Eigenschaften der Filterprozesse. Die Ergebnisse werden dazu beitragen, den Betrieb bereits bestehender Standorte zu optimieren und die integrierte Planung neuer Feldstandorte, mit weltweiter Bedeutung, voranzubringen. Hintergrund dieses Forschungsprogramms ist, die Vielzahl an Störkomponenten bei der Trinkwasseraufbereitung zu beseitigen. Die Qualität des durch Uferfiltration oder künstliche Grundwasseranreicherung gewonnen Rohwassers hängt stark ab von der Qualität des Oberflächenwassers, der (hydro-) geochemischen Beschaffenheit des Untergrundes, der Verweilzeit und der Wegstrecke des infiltrierten Wassers. Darüber hinaus können Flusssedimente oder Stoffe aus dem Grundwasserleiter die Grundwasserqualität erheblich beeinflussen. Ferner kann die Uferfiltration auch eingesetzt werden als Barriere gegen Stoßbelastung von Kontaminanten, die beispielsweise bei durch Unfall verursachtem Auslaufen von Chemikalien in Flussläufe auftreten können. Etliche vorteilhafte Auswirkungen der Uferfiltration und der künstlichen Grundwasseranreicherung sind bisher beschrieben worden. Beispiele wären die Abnahme des Gehaltes von Huminstoffen und deren und verbesserte Behandlungsfähigkeit, die Reduzierung von Mikroben, die Absorption von Halogenverbindungen oder die Beseitigung von pharmazeutisch wirksamer Stoffe, um nur einige zu nennen. Trotz der weitreichenden Erfahrungen, die mit Uferfiltration und künstlicher Grundwasseranreicherung gemacht worden sind, ist der aktuelle Kenntnisstand hinsichtlich der sich hierbei abspielenden Prozesse und ihrer Auswirkungen auf die Wasserqualität noch immer lückenhaft, da gewisse Probleme oft standortspezifisch sind. Das Forschungsprogramm NASRI wird sicher dazu beitragen viele dieser Lücken zu schließen. Dr. Bernd Heinzmann Anmerkungen *) NASRI, Natural and Artificial Systems for Recharge and Infiltration Siehe dazu auch den Artikel zum Tegeler See |
Die Redaktion Umwelt, am 14. Februar 2005 | ugii Homepages |