UmweltNachrichten Heft 1/2003 | zur Liste | home | ||||||
Umweltexperten in Afghanistan |
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Rums!! - Feld, Wiese, Wald - alles kaputt. Wo nehmen wir jetzt die Senken her. Ach ja, die entlaubten Wälder sind nachgewachsen und heute verwüstet man nur noch Steppen und Bergland. Es gibt bevorzugte und vernachlässigte Klimazonen. So begann ein Artikel in den UmweltNachrichten vom Dezember 2001, der uns Lob und Schelte einbrachte. So abwegig war das Ganze nicht. Wir wissen zwar nicht, ob der US-Verteidigungsminister der Einladung Aki Kaurismäki's nachkam, um in den Wäldern Finnlands beim Pilzesammeln Ruhe zu finden, aber wir wissen, dass Mitte Dezember viele Kinder in den Flüchtlingslagern im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan erfroren sind. Die Schicksale der von Minen, Bomben, Folter und Flucht gezeichneten Menschen sind Spiegel eines Gewaltkonfliktes. Ob die beiläufige Umweltzerstörung den Kollateralschäden zugeordnet wird bleibt eher fraglich. Dabei trägt gerade die zerstörte und verseuchte Biosphäre zur Erschwernis eines Wiederaufbaus der betroffenen Kriegsgebiete bei. Denn eine gesunde Natur sei die Grundlage einer menschlichen Gesellschaft und der Zivilisation, so Klaus Töpfer, UNEP-Exekutivdirektor, im September 2002 in Nairobi, anlässlich der Entsendung von 20 Umweltexperten in die nach kriegerischen Jahrzehnten zerstörten Regionen Afghanistans. Aufbauend auf der international anerkannten Arbeit des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) zur Lage der Umwelt im ehemaligen Jugoslawien, gründete sich am 11. Dezember 2001 eine neue Post-Conflict Assessment Unit mit dem Ziel, die Umweltzerstörung als Konsequenz eines Krieges, in jeder der vielen Konfliktregionen der Welt, aufzuzeichnen.
In sogenannten Feldmissionen wollen die Umweltexperten betroffene Gebiete untersuchen, um den Grad der Zerstörung und die Verseuchung der Umwelt abzuschätzen. Ihre Daten und Berichte sollen Grundlage für den Wiederaufbau der Region sein. Dabei geht es insbesondere auch darum, Prioritäten zu empfehlen, wann und inwieweit Landstriche wieder besiedelt werden können oder was wann getan werden muss, um die verseuchten Böden zu reinigen, die zerstörte Wasserversorgung gesundheitsverträglich zu reaktivieren und die Natur bzw. die natürlichen Ressourcen wieder zu beleben. Nach dem Balkankonflikt beispielsweise war die Analyse der radioaktiven Verseuchung, als Folge der uranbeschichteten Kriegsmunition, ein Verdienst dieser UNEP-Aktivität. Am 29. Januar 2003 wurde der UNEP-Bericht über Afghanistan veröffentlicht. In Herat, Mazar-e-Sharif, Kandahar und Kabul wurden insgesamt 38 verwüstete oder vermüllte Schauplätze inspiziert. In erster Linie waren es die desolaten Hygieneverhältnisse in den Städten infolge der zerstörten oder verseuchten Wasserversorgung die zur Sorge Anlass gaben. Aber auch die Entsorgung des Kriegs- und Kriegsfolgemülls wurde als dringliches Problem eingeschätzt, da diese sowohl das Grundwasser verunreinigten, beispielsweise infolge der Abfälle aus der Krankenversorgung, als auch die Luft, infolge von Bränden, mit hoch schädlichen Verbrennungsdämpfen aus Kunststoffen belasteten. Ein Gesundheitsrisiko gehe aber auch von Ölraffinerien, Asphalt oder Batteriefabriken aus, ganz zu schweigen von den sozialen Missständen, da unter anderem technisch ausgestattete Arbeitsplatzeinrichtungen brach liegen, so der Bericht. In den begutachteten 35 ländlichen Kriegsregionen, 80 % der Afghanen leben auf dem Land, waren es vor allem die Wasser- und Nahrungsmittelversorgung, die durch die regionale Landzerstörung zum erliegen kamen. Durch die schon seit 20 Jahren währenden Kriegshandlungen wurden 200 Hektar Wald vernichtet. In den nördlichen Provinzen Badghis und Takhar waren die Anpflanzungen der Pistazienbäume vollständig zerstört, die einmal 50 % bzw. 37 % des Landanbaus ausmachten. (red)
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Die Redaktion Umwelt, am 15. März 2003 ugii Homepages |