Umweltpanorama Heft 13 (August 2006) | zur Liste | home | |||
Die Zunahme von extremen Wetterereignissen durch Klimaänderungen Es wird wärmer in Deutschland und es regnet mehr |
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Der seit Beginn des Industriezeitalters im globalen Mittel zu beobachtende Anstieg der bodennahen Lufttemperatur steht mit Recht im Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Die Auswirkungen des Temperaturanstiegs betreffen den gesamten ökologischen und sozioökonomischen Bereich. Für den globale Klimawandel, der sich auch in Deutschland feststellen lässt, spielt der Mensch eine nicht mehr zu übersehende Rolle. Zumindest in den letzten Jahrzehnten wurde der Einfluss des Menschen auf unser Klima besonders deutlich. Nach wissenschaftlichem Verständnis stützt sich das sowohl auf zum Teil sehr aufwendigen Klimamodellrechnungen als auch auf die Analyse von Beobachtungsdaten. Vor allem die Emission klimawirksamer Spurengase, wie unter anderem Kohlendioxid, aufgrund der Nutzung fossiler Energieträger (Kohle, Öl, Gas) und Waldrodungen, gehen auf den anthropogenen Treibhauseffekt, also die vom Menschen erzeugte Temperaturerhöhung in den bodennahen Luftschichten, zurück. Die Durchschnittswerte für Temperatur, Niederschlag und Windgeschwindigkeit sind selbst innerhalb eines so kleinen Gebiets wie Deutschland nicht nur durch erhebliche jahreszeitliche Unterschiede sondern auch durch ausgeprägte regional unterscheidbare Strukturen charakterisiert. Das trifft insbesondere auf den Niederschlag zu. Dabei ist vor allem der winterliche Anstieg im Westen und der Rückgang im Sommer bemerkenswert. Der sommerliche Rückgang ist auf zeitlich veränderbare Teilregionen beschränkt und zudem quantitativ deutlich geringer. In diesem Zusammenhang ist nun die Frage von Interesse, ob der Klimawandel auch mit einer Änderung der Häufigkeit und Intensität von jahreszeitlichen und regionalen Extremereignissen verbunden ist; denn gerade solche Extremereignisse sind es, die besonders gravierende Auswirkungen ökologischer wie sozioökonomischer Art aufweisen. Fallbeispiele waren der Hitzesommer im Jahre 2003 und ein Jahr zuvor das Elbe-Hochwasser infolge der sintflutartigen Regenfälle. Verbesserte Kenntnisse über das vermehrte Auftreten solch extremer Wettersituationen lassen die, mit diesen Ereignissen verbundenen, Risiken besser abschätzen. Um dies zu klären, ist es notwendig, sich die Häufigkeitsverteilungen der betrachteten klimatologischen Größen anzusehen. Diese Untersuchung bedarf statistischer Methoden. Datenbasis und Methodik In der Statistik ist es üblich, an die jeweilige empirische (also gemessene) Häufigkeitsverteilung nach dem Prinzip maximaler Ähnlichkeit eine theoretische Verteilung anzupassen, um von zufälligen Stichprobeneigenschaften unabhängig zu sein und damit allgemeingültigere Aussagen treffen zu können. Untersucht wurden stationsbezogene monatliche und tägliche Messdaten der bodennahen Lufttemperatur, des Niederschlages und des Windes in Deutschland und zum Teil auch im benachbarten mitteleuropäischen Raum. Der zeitliche Rahmen der Änderungen dieser meteorologischen Parameter im Hinblick auf ihres Extremverhaltens lag zwischen 1901 und 2000. Die Untersuchungen für den Zeitraum 1951 bis 2000 waren unter erheblicher Stationsverdichtung möglich. Zur Auswertung der Stationsdaten lässt sich nun in erster Annäherung die so genannte Normalverteilung (Gauß-Verteilung) anwenden. Tendenzen ergeben sich dann durch die Verschiebung und Form dieser symmetrischen Verteilungsfunktion. Doch keinesfalls alle Klimadaten folgen der Normalverteilung; dies ist allenfalls bei der Temperatur relativ häufig der Fall. Für die Modellierung waren daher auch unsymmetrische Verteilungsfunktionen erforderlich. Das Ziel der Analyse besteht nun darin, für die bodennahe Lufttemperatur, den Niederschlag und den Wind, wie in Deutschland und Mitteleuropa im letzten Jahrhundert beobachtet, die zeitlichen Veränderungen der gemessenen und theoretischen Verteilungen zu bestimmen, um daraus auf entsprechende Veränderungen der Eintrittswahrscheinlichkeit extrem hoher sowie extrem niedriger Werte zu schließen. Da dabei von vornherein kein einheitliches Bild zu erwarten ist, wurden die Analysen jahreszeitlich differenziert durchgeführt und die räumlichen Strukturen der Wahrscheinlichkeitstrends in Kartenform dargestellt. Detaillierte Angaben dazu können anderweitig nachgelesen werden *) . Im folgenden sind die erkennbaren Tendenzen, als Ergebnis der Analyse, vorgestellt. Tendenzen Temperatur Der mittlere Temperaturanstieg führt mit Ausnahme des Herbsts teilweise zu einer deutlich erhöhten Wahrscheinlichkeit für besonders warme monatliche und saisonale Temperaturmittelwerte. Die Wahrscheinlichkeit für extrem kalte monatliche und saisonale Mittelwerte nimmt eher ab. In allen Jahreszeiten werden extrem warme Tage und weniger kalte Tage wahrscheinlicher, ganz besonders in Süddeutschland. Auffällig ist auch das vermehrte Vorkommen extrem heißer Sommer. Niederschläge Relativ trockene Monate werden seltener. Extreme Starkniederschläge treten im Osten Deutschlands seltener, im Westen dagegen häufiger auf. Daraus ergibt sich insgesamt für den Osten ein Trend zu weniger extremen Monatsniederschlagssummen, im Westen zu höheren Niederschlagssummen. Diese Entwicklung zeigt sich auch bei den Tagesdaten. Es existieren ausgeprägte jahreszeitliche Unterschiede. Im Winter fallen monatlich und saisonal mehr Niederschläge. Auch hat die Variabilität zugenommen. Dies führt verbreitet zu einer deutlichen Zunahme von extrem hohen Niederschlagssummen im Winter. Der Sommer weist einen Trend zu verringerter Variabilität auf. Dadurch werden extrem hohe monatliche und saisonale Niederschlagssummen im Sommer in weiten Teilen Mitteleuropas seltener. Die winterlichen Starkniederschläge und die Sommertrockenheit, beide mit zunehmender Tendenz, stellen beim Niederschlag die größten Risiken dar. Wind Für den Wind sind die Ergebnisse recht uneinheitlich, sodass hier keine klaren allgemeingültigen Aussagen getroffen werden können. Mit einiger Vorsicht lässt sich für Deutschland jedoch sagen, dass tendenziell die Wahrscheinlichkeit extrem hoher täglicher Windmaxima im Winter eher zu- und im Sommer eher abnehmen. Prof. Christian-D. Schönwiese Anmerkungen *) Martin Jonas, Tim Staeger, Christian-D. Schönwiese, Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten von Extremereignissen durch Klimaänderungen. Schwerpunkt Deutschland, Im Auftrag des Umweltbundesamtes, April 2005. |
Die Redaktion Umwelt, am 14. August 2006 | ugii Homepages |