Umweltpanorama Heft 11 (Februar 2006) zur Liste | home

Kraft-Wärme-Kopplung

Prinzip und Anwendungsbereiche

Im Laufe der Entwicklung der menschlichen Kultur haben wir zur Erzeugung von Kraft und Wärme die verschiedensten Erfahrungen gemacht. Techniken für diese physikalischen Größen wurden jedoch zuerst getrennt entwickelt. Heute wissen wir, dass bei der Stromerzeugung gerade mal ein Drittel der in einem Brennstoff vorhandenen Energie in Kraft (Strom) umgewandelt. Eine enorme Energieverschwendung.

Seit der Erfindung von Kraftmaschinen besteht aber im Prinzip die Möglichkeit, die bei der Krafterzeugung frei werdende Wärme auch zu nutzen. Dass dies bisher die Ausnahme war, liegt daran, dass Energierohstoffe scheinbar grenzenlos verfügbar und entsprechend kostengünstig waren. Ebenso waren die Auswirkungen der Kohlenstoffverbrennung auf ökologische Systeme lange Zeit nicht bekannt. Dass fossile Energierohstoffe endlich sind und ihre Verbrennung die weltweiten Klimaverhältnisse mit dramatischen Folgen ändern kann wird uns immer deutlicher vor Augen geführt. Dies zwingt uns zum Umdenken.

KWK-Anlage und BHKW

In Kraftwerken zur Stromerzeugung werden fossile Energieträger in Heizkesseln zur Erzeugung von Dampf eingesetzt, der dann in einem anschließenden Prozess über eine Dampfturbine Strom erzeugt. Normalerweise verpufft die überschüssige Wärme im Kühlturm. Das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) will einen Teil dieser heißen Luft abzweigen, um diesen in industriellen Prozessen einzusetzen oder Häuser zu heizen.

Legt man also die Dampfturbine so aus, dass der Dampfdruck nicht vollständig zum Antrieb der Turbine – also zur Stromerzeugung genutzt wird, sondern an ihrem Ausgang noch genug Wärme für eine anschließende Nutzung in einem Heizsystem zur Verfügung steht, handelt es sich um eine KWK-Anlage.

Rund 60 Prozent des deutschen Stromerzeugung erfolgt in Kraftwerken, die mit Stein- und Braunkohle, Heizöl oder Erdgas befeuert werden. Dabei werden nur rund 30 bis 40 Prozent der eingesetzten Primärenergie in Strom umgewandelt. 60 bis 70 Prozent bleiben ungenutzt. Bei der Stromerzeugung nach dem KWK-Prinzip würde dieser Anteil nur rund 10 bis 20 Prozent betragen.

Die Einsparungen an Treibhausgasemissionen betragen bei einer mit Erdgas befeuerten KWK-Anlage gegenüber herkömmlichen Kohlekraftwerken 80 bis 90 Prozent.

Eine Form der KWK-Anlagen sind Blockheizkraftwerke (BHKW). In ihnen werden gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt. Sie können durch viele Technologien realisiert werden.

Prinzip KWK

Prinzip der Kraftwärmekopplung (KWK) am Beispiel eines motorbasierenden Blockheizkraftwerkes (Grafik: Ulrich Marten)

Die meisten Blockheizkraftwerke werden mit Erdgas betrieben und wandeln die eingesetzte Energie in Strom und (Ab-)Wärme um. Die Wärmeerzeugung ist beim BHKW ein gewünschter Prozess, da die Wärme beispielsweise zum Heizen oder für Warmwasser verwendet wird.

Die Tatsache, dass man beim BHKW von einem Heizkraftwerk spricht, verdeutlicht das Grundkonzept: Der Strom wird als Nebenprodukt der Wärmeerzeugung betrachtet.

Mini-BHKW

Besonders vorteilhaft ist die Anwendung des Prinzips der Kraft-Wärme-Kopplung in kleinen und kompakten BHKW, die am Ort des Energiebedarfs aufgestellt werden. Entsprechende Anlagen, Mini-Blockheizkraftwerke, sind manchmal kaum größer als übliche Haushaltswaschmaschinen.

Solche Mini-BHKW sind motorbasierende BHKW. Für ihren Betrieb werden meist Motoren der serienmäßigen Fertigung aus dem Personenkraft- oder Lastkraftwagenbau entnommen und für den stationären Betrieb optimiert, teilweise aber auch eigens gefertigt.

Dabei arbeitet zum Beispiel ein Gas-Ottomotor wie ein Benzin-Automotor, ist aber auf eine lange Laufzeit beziehungsweise Lebensdauer optimiert. Anstelle eines Getriebes im Auto wird ein Generator eingesetzt, der die Antriebsenergie in Strom umwandelt. Die gleichzeitig anfallende Abwärme (Kühlwasser, Abgas, Schmieröl, Generator) wird durch Wärmetauscher nutzbar gemacht und steht zur Warmwassererwärmung und Gebäudebeheizung zur Verfügung.

Mini-BHKW sind meist durch eine hohe Stromkennzahl gekennzeichnet, das heißt durch eine hohe Stromproduktion im Verhältnis zur Wärmeproduktion.

Wichtig ist aber trotzdem ein kontinuierlicher Wärmebedarf. Der Strom, der in einem BHKW erzeugt wird, kann im Objekt verbraucht oder ins öffentliche Netz eingespeist werden. Die Höhe der Vergütung ist im novellierten Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG) vom 1. August 2004 und im Gesetz zur Erhaltung, der Modernisierung und den Ausbau der Kraftwärmekopplung (KWKModG) vom 1. April 2002 geregelt. Durch dieses Gesetz werden zur Zeit Kleinanlagen stärker als Großanlagen gefördert.

Motorbasierende BHKW eignen sich insbesondere für den dauerhaften Einsatz in der verbrauchsnahen Versorgung von gewerblichen und kommunalen Objekten, wie Freibäder, Schulen und Krankenhäuser oder größeren Mehrfamilienhäusern mit Raumwärme, Warmwasser und Strom.

So gewinnt die Objektversorgung mit Wärme und Strom insbesondere im kommunalen Objektbestand sowie in der Wohnungswirtschaft an Bedeutung. In so genannten Contractingprojekten kommen zunehmend innovative KWK-Systeme zum Einsatz.

Biomasse

Auch Ökostromanbieter, wie die Elektrizitätswerke Schönau GmbH oder die greenpeace energy eG bieten Strom an, der in KWK-Anlagen von Stadtwerken erzeugt wird.

Damit ein BHKW als wirklich ökologisch arbeitend angesehen werden kann, müssen neben der Leistung, dem speziellem Verwendungszweck und den Nutzungsbedingungen auch die zum Einsatz kommenden Energieträger und die sich möglicherweise daraus ergebende Folgeerscheinungen wohl überlegt sein.

Deponiegas BHKW

Mit Deponiegas betriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) einer Mülldeponie

So ist zum Beispiel das in einer Biogasanlage durch Vergärung von organischer Masse vorhandene Biogas, mit einem Methananteil von 50 bis 70 Prozent, bestens für den Betrieb eines BHKW geeignet.

Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung von methanhaltigem Deponiegas, welches sich infolge bakterieller Zersetzung innerhalb von Mülldeponien entwickelt. Die Verbrennung des entstehenden Methans ist sogar klimatologisch von großem Nutzen, da das Verbrennungsprodukt Kohlendioxid ein deutlich geringeres Treibhauspotential inne hat, als Methan selbst.

Da die Rekultivierung von Altdeponien durch ausströmende Biogase über Jahrzehnte verhindert wurde, ist der Abzug des Deponiegases allein aus Umweltschutzgründen geboten. Im Jahre 1986 waren in der alten Bundesrepublik rund vierzig Anlagen installiert, die Deponiegas kommerziell zur Elektrizitätserzeugung oder Wärmegewinnung nutzten. Bei der durchschnittlichen Betriebszeit einer Deponie von zwanzig Jahren liefert eine Tonne Müll etwa 20 Kubikmeter Deponiegas. Gegenwärtig arbeiten im gesamten Bundesgebiet zirka 350 Großdeponien für Strom und Wärme. Doch darf nicht vergessen werden, dass es noch Tausende, für die KWK-Technik ungenutzte „gasaktive“ Altdeponien gibt.

Ein weiteres Beispiel ist Biokraftstoff, der aus meist heimischen Ölpflanzen gewonnen wird, wie Sonnenblumenkerne oder Raps. Der Biokraftstoff liegt in flüssiger Form vor. Weit verbreitet ist die Nutzung von Biodiesel (Rapsöl-Methyl-Ester). Dieser ist jedoch, im Vergleich zum normalen Pflanzenöl, welches auch in BHKW verbrannt werden kann, chemisch weiterbearbeitet, sodass hier die Energiebilanz nicht so günstig ausfällt. Auch sollte kritisch gesehen werden, dass Monokulturen von Pflanzen, die zur Energieerzeugung angebaut werden, negative Einflüsse auf das umgebende Ökosystem haben können.

Perspektiven

Auch politisch ist es das erklärte Ziel, den Gesamtanteil der Kraft-Wärme-Kopplung in den nächsten Jahren in Deutschland und in der Europäischen Union deutlich auszuweiten, denn Energieeffizienz ist nicht nur aus Klimaschutzgründen geboten. Die begrenzten Energievorräte und der zum Teil drastische Preisanstieg für fossile Energien wie Erdöl und Erdgas sollten Anlass genug sein, so viel Nutzen wie möglich aus den eingesetzten Primärenergien herauszuholen.

Es fehlt aber noch die breite praktische Anwendung in den Heizzentralen und Heizungskellern. Allein in Deutschland gibt es außerhalb der klassischen Fernwärmegebiete einige hunderttausend Betriebe, Objekte und Einrichtungen, deren Wärme- und Strombedarf effizient und vorteilhaft durch den Einsatz von KWK-Anlagen gedeckt werden könnte.

Der Staat belohnt die umweltfreundliche Energieerzeugung in einem Blockheizkraftwerk. So ist der Brennstoff von der Mineralölsteuer befreit. Für den vom BHKW erzeugten und im eigenen Objekt verbrauchten Strom entfällt die Stromsteuer und für den eingespeisten Überschussstrom zahlt der Energieversorger ein gesetzlich festgelegtes Einspeiseentgelt. Ferner stehen zinsgünstige Kredite zur Heizungserneuerung der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zur Verfügung.

Die Modernisierung von Gebäude und Anlagentechnik wäre ein geeigneter Zeitpunkt, auch die Möglichkeit einer bedarfsgerechten Energieerzeugung mittels Kraft-Wärme-Kopplung vor Ort zu prüfen.


Peter Siebke
Berliner Umweltagentur e.V.


     Die Redaktion Umwelt, am 13. Februar 2006 – ugii Homepages –