Umweltpanorama Heft 10 (November 2005) zur Liste | home

Der Flughafen Tempelhof

Business Class oder sozioökologischer Freiraum

Als 1987 zur 750-Jahrfeier Berlins das wohl spektakulärste Feuerwerk dieser Stadt eine Millionen Menschen zum Raunen brachte, war das Gelände des Flughafens Tempelhof ein großer Park – für einen Abend. Heute, fast 20 Jahre später, hätte es schon ein Park für immer sein können.

Ein Park mit Kaltlufteffekt – ideal für heiße Sommerabende. Ein Event mit Weitblick, Stadtsilhouette (Skyline), tolle Stimmung, tolles Klima.

Doch die Luftbrücke soll nicht fallen: Business Class I vom feinsten. Das Event findet zwei Stunden später in Stockholm, Paris, London oder Kiew statt. Oder soll die Geschichte Geschichte werden?

Ja, denn Business Class II hat sich schon angemeldet. Und das Event findet in noblen modernen Kellergewölben mit opulentem Aufbau statt. Eines nach dem anderen. 450 Hektar Bebauungsplan ohne Geschichte und Klima.

Frischluft fuer Berlin

Kaltluftströme versorgen die Stadt mit Landluft. X = Flughafen Tempelhof. (Grafik: Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung)

Ob das Tempelhofer Feld das werden wird, was es hin und wieder einmal war? Neben Militärstandort, Sportstätte oder Flugversuchsfeld, war der heutige Flughafen Tempelhof auch ein Ort der Freizeitkultur, der Erholung, des Amüsements. Doch solange die „Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof“ (Business Class I) und die „Bürgerinitiative gegen das Luftkreuz“ (Business Class II) Einfluss auf den Berliner Senat nehmen, wird die Freizeitkultur im Sinne eines sozioökologischen Freiraums, wie es Mitte der 1990er angedacht war, eher ausgesetzt.

Der Stadt täte es gut, weil das Tempelhofer Feld, als Grün- und Freifläche, eine sehr große stadtklimatische Bedeutung hat. Schon jetzt wirkt die Fläche als wichtige Kaltluftinsel im Süden Berlins. Sie gleicht in den Stadtteilen Tempelhof, Kreuzberg und Neukölln die hohen Temperaturen aus. Gleichzeitig entsteht, infolge der Temperaturunterschiede zur bebauten Umgebung, eine Luftströmung, die die unvermeidbaren städtischen Luftverunreinigungen verdünnt. Beispielsweise gibt es über Grünflächen weniger Feinstaub als über Straßen; zu denen in gewisser Weise auch Start- und Landebahnen gehören.

Darüber hinaus bewirkt die Luftzirkulation über dem Tempelhofer Feld, zusammen mit dem Britz-Buckow-Rudow-Grünzug, einen Kaltluftstrom, der für die Versorgung mit sauberer, feuchter Frischluft, aus dem Süden vor Berlin bis hin zu den innerstädtischen Bezirken, notwendig ist. Vielleicht ist es dieser Ausgleichsraum, der dafür sorgt, dass sich die Berliner Luft besingen lässt.


Dr. Heinz Wohlgemuth
Berliner Umweltagentur e.V.


     Die Redaktion Umwelt, am 14. November 2005 – ugii Homepages –