Umweltpanorama Heft 10 (November 2005) zur Liste | home

Doppelmoralist Vattenfall-Bewag

Während der Energieversorger Vattenvall (Bewag) in Berlin mit „Umweltschutz bleibt Umweltschutz“ wirb, macht er im Cottbuser Norden die als schützenswert eingestufte Teichlandschaft bei Lacoma platt. Unter den Lacomaer Teichen liegen etwa 50 Millionen Tonnen Rohbraunkohle – Brennstoff, den Vattenfall in den nahe gelegenen Kraftwerken verstromen möchte. Nach Angaben der Europäischen Kommission ist beispielsweise das Kraftwerk Jenschwalde, das auch in der Lausitzer Region liegt, mit 25,8 Millionen Tonnen Kohlendioxid bis zum Jahre 2007 der zweitgrößte Luftverschmutzer in Deutschland.

Überhaupt scheint die Vattenfall Europe AG der Kohleverbrennung angetan zu sein. Der geplante Neubau eines Kohlekraftwerks in Moorburg nahe Hamburg, das mit preiswerter Importsteinkohle betrieben werden soll oder der Neubau eines Kraftwerkblocks am Braunkohlestandort Boxberg in der Lausitz sprechen Bände. „Voraussetzung ist natürlich, dass uns die Politik bei Planung und Genehmigung unterstützt“, sagte Klaus Rauscher, Vattenfall-Vorstandsvorsitzender gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von 19. Oktober 2005.

Gleichzeitig kritisierte er die Überförderung der erneuerbaren Energien und plädierte für längere Laufzeiten der Atommailer. Nach Rauschers Ansicht soll zudem die Erforschung neuer Techniken, wie die Speicherung der Elektrizität oder Verwahrung von Kohlendioxid, dass bei der Verbrennung von Kohle entsteht, stärker aus öffentlicher Hand gefördert werden.

Jaenschwalde

Kraftwerk Jänschwalde 2004 (Foto: Ralf Salecker)

Während der Umweltschutz, von dem in Berlin groß getönt wird, eher auf der Strecke bleibt, verrechnet der Mutterkonzern in Stockholm, getragen von den guten deutschen Zahlen, Ende Juli 2005 das beste Halbjahresergebnis seiner Geschichte.

So erklärt sich auch das Vorgehen im Gebiet der ökologisch besonders wertvollen Lacomaer Teiche im Landschaftsschutzgebiet Peitzer Teichlandschaft. Das Dorf Lacoma gibt es schon nicht mehr und Horno wird, wenn es im Sinne Rauschers geht, wohl auch nicht mehr lange Wirklichkeit sein.

Das Landesumweltamt von Brandenburg hatte kürzlich Vattenfall grünes Licht gegeben, mit Baumfällarbeiten und dem Bau von Entwässerungsanlagen nahe dem ehemaligen Lacoma zu beginnen. Dabei hatte das Land Brandenburg erst im Jahre 2003, nach langem Zögern, das Landschaftsschutzgebiet als europäisches Fauna-Flora-Habitat-Gebiet der Europäischen Kommission gemeldet.

Mitglieder der Umweltorganisation Robin Wood fordert Vattenfall auf, die Braunkohlebagger wenigstens in ausreichendem Abstand von der unersetzlichen Teichlandschaft zu stoppen. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, hatten sich einige auf den Bäumen niedergelassen, um den 170 bedrohten Tier- und Pflanzenarten eine Überlebenschance zu geben. Nach fast zweiwöchiger Baumbesetzung stieg der letzte der insgesamt acht Umweltschützer auf Drängen der Polizei am 18. Oktober aus den Bäumen.

„Das Landesumweltamt übt sich in vorauseilendem Gehorsam“, sagte Bettina Dannheim, Energiereferentin bei Robin Wood. „Das Naturschutzrecht wird zur Seite gefegt, sobald ein großer Konzern kommt und seine wirtschaftlichen Interessen geltend macht.“ Das ist Demokratie!


Dr. Heinz Wohlgemuth
Berliner Umweltagentur e.V.


     Die Redaktion Umwelt, am 14. November 2005 – ugii Homepages –