Umweltpanorama Heft 8 (Mai 2005) zur Liste | home

Die Waldzustandserhebung in Berlin und Brandenburg für das Jahr 2004

Waldzustand Berlin 2004

Die Waldzustandsentwicklung innerhalb der Landesgrenze Berlins wird seit 1991 in einem einheitlichen Stichprobennetz festgestellt. Das Netz hat ein Raster von zwei mal zwei Kilometer, in dem an 42 Stichprobenpunkten mit je 24 Bäumen der Baumbestand begutachtet wird.

Waldzustand Berlin

Abbildung 1: Entwicklung der Schadstufen für alle Baumarten von 1991 bis 2004 in Berlin. Die Zahlen geben den Schadstufenanteil in Prozent wieder:
0 = Schadstufe 0 (sichtbare Kronenschäden),
1 = Schadstufe 1 (Warnstufe),
2-4 = Schadstufe 2-4 (deutliche Schäden)

Im Jahr 2004 lag der Flächenanteil mit deutlichen Schäden bei 40 Prozent – das bisher höchste Niveau seit 1991. Der Flächenanteil ohne sichtbare Kronenschäden (Schadstufe 0) ist 2004 auf zirka 11 Prozent zurückgefallen. Die Warnstufe (Schadstufe 1) hatte 2004 einen Anteil von zirka 49 Prozent. Die deutlichen Schäden (Schadstufen 2-4) konzentrieren sich auf die Schadstufe 2 mit einem Anteil von 36,5 Prozent, aber auch die Flächenanteile starker Schäden sind von 0,8 auf 3 Prozent angestiegen. Der Anteil toter Bäume lag 2004 bei 0,5 Prozent. In Abbildung 1 ist die Entwicklung der Schadstufenanteile seit dem Jahre 1991 illustriert.

Die mittlere Kronenverlichtung über alle Baumarten ist um 5 Prozent auf 27 Prozent angestiegen. Dieser Anstieg betraf vor allem die älteren Bäume im Altersbereich über 60 Jahre. Damit ist in Berlin eine sehr starke Reaktion im Belaubungszustand der Waldbäume auf die extremen Witterungsbedingungen des Vorjahres und des Frühjahrs 2004 festzustellen.

Die Baumartenzusammensetzung im Land Berlin ist gegenüber der in Brandenburg und damit in der Gesamtregion durch deutlich geringere Anteile der Nadelbaumarten und einen höheren Anteil von Eichen und anderen Laubbaumarten gekennzeichnet; siehe dazu Abbildung 2 für die Baumartengruppen des Jahres 2004.

Die Kiefer hatte sich in den zwei Vorjahren von dem Höhepunkt der Schadensentwicklung im Jahr 2001 erholt. Diese Tendenz setzte sich 2004 nicht fort. Mit 31 Prozent Flächenanteil deutlicher Schäden im Jahr 2004 wurden gegenüber dem Vorjahr wieder ein Anstieg um 12 Prozent festgestellt. Der größte Teil fiel auf die Schadstufe 2. Jedoch ist mit 0,3 Prozent jede 100dertste Kiefer tot. Der Anteil ohne sichtbare Schäden sank seit dem Jahre 1991auf den bisher niedrigsten Wert von knapp 7 Prozent.

Baumarten Berlin

Abbildung 2: Anteile der Baumarten in Berlin im Jahre 2004

Die wenigen Buchen in der Waldzustandserhebung ordnen sich in das Gesamtergebnis der Region ein. Für die Kronenverlichtung ist eine eher steigende Tendenz erkennbar.

Die Eichen haben mit fast 20 Prozent Baumartenflächenanteil in Berlin eine besondere Bedeutung. Insbesondere seit 1999 nimmt der Anteil deutlich verlichteter Eichen stark zu. Im Jahr 2003 war bereits ein Anstieg auf 49 Prozent zu verzeichnen. Die negative Tendenz setzte sich für 2004 auf 81 Prozent deutliche Schäden weiter fort. Der Flächenanteil stark geschädigter Eichen mit Kronenverlichtungen über 60 Prozent (Schadstufe 3-4) lag im Vorjahr noch bei knapp 3 Prozent und stieg im Jahr 2004 auf 14 Prozent an. Allerdings wurden 2004 keine toten, aber auch fast keine gesunden Eichen gesehen. Mit 43 Prozent mittlerer Kronenverlichtung wurde 2004 ein Extremzustand erfasst, der nach Aussagen der Landes-Forstanstalt Eberswalde die weitere Überlebensfähigkeit dieser Baumart in Frage stellt.

Es ist nach bisherigen Erfahrungen davon auszugehen, dass sich in den Folgejahren nicht alle Bäume von diesem extremen Stresszustand erholen können. Auch die Forstschutzsituation, das heißt der Befall mit Insekten und Pilzen weist in dieselbe Richtung.

Waldzustand Brandenburg 2004

Gegenüber dem Jahr 1999, in dem das bisher beste Ergebnis der Waldschadenserhebung erfasst wurde, ist bis 2004 ein Anstieg der deutlichen Schäden auf knapp 13 Prozent festzustellen. Der Anteil der Waldfläche ohne sichtbare Schäden bleibt 2004 mit 45 Prozent auf relativ hohem Niveau. Die Entwicklung der Schadstufenanteile seit dem Jahre 1991 ist in Abbildung 3 illustriert.

Waldzustand Brandenburg

Abbildung 3: Entwicklung der Schadstufenanteile für alle Baumarten von 1991 bis 2004 in Brandenburg. Zur Legende vergleiche die Abbildung 1

Der Rückgang der Waldschäden in Brandenburg ist seit etwa 8 Jahren zum Stillstand gekommen. Die mittlere Kronenverlichtung ist zwar mit 16 Prozent noch relativ gering, in der Tendenz aber seit 2000 wieder steigend.

Entsprechend der Dominanz der Hauptbaumart entspricht die Schadstufenentwicklung der Kiefer der Entwicklung über alle Baumarten; siehe dazu Abbildung 4 für die Baumartengruppen des Jahres 2004.

Gegenüber dem Vorjahr ist der Anteil deutlicher Schäden an Kiefern auf etwa10 Prozent angestiegen. Der Anteil der Kiefern ohne sichtbare Schäden ging um 4 Prozent zurück. Die mittlere Kronenverlichtung ist nur geringfügig angestiegen und liegt wie in den zwei Vorjahren bei 15 Prozent. Damit bestätigt sich die längerfristige Konstanz des relativ guten Vitalitätszustandes der Kiefer in Brandenburg auch bei außergewöhnlicher klimatischer Belastung und regional hohen Insektenfraßschäden.

Die Laubbaumarten Buche und Eiche lassen weiter keine Zustandsverbesserung erkennen.

Nachdem in den Vorjahren die Kronenverlichtung bei den Buchen mal besser, mal schlechter war, mussten im Jahr 2004 erstmals fast 37 Prozent der Kronen als deutlich verlichtet eingestuft worden.

Baumarten Brandenburg

Abbildung 4: Anteile der Baumarten in Brandenburg im Jahre 2004

Bei den Schäden ist für die Buche eine starke Differenzierung in den Altersgruppen ausgeprägt. Während über 70 Prozent Flächenanteil für die Altersgruppe bis 60 Jahre der Schadstufe 0 und 20 Prozent der Schadstufe 1 zugeordnet werden konnten, ist der Kronenzustand der Altersgruppe über 60 Jahre mit 43 Prozent deutlichen Schäden (Schadstufe 2-4) und nur 28 Prozent ohne sichtbare Schäden (Schadstufe 0) deutlich schlechter.

Im Jahr 2004 stieg der Flächenanteil deutlich geschädigter Eichen (Traubeneiche und Stieleiche) erneut an und erreichte 46 Prozent. Die mittlere Kronenverlichtung hatte mit 28 Prozent einen sehr hohen Wert. Die Differenzierung der Schäden nach Altersgruppen ist bei den Eichen wesentlich geringer ausgeprägt als bei der Buche. Der starke Anstieg der deutlichen Schäden in den letzten beiden Jahren konzentriert sich zwar auf die Altersgruppe über 60 Jahre aber auch bei den jüngeren Eichen sind die deutlichen Schäden auf über 20 Prozent angestiegen.

Angesichts der extremen Witterungsverhältnisse des Jahres 2003 ist eine außergewöhnlich starke Reaktion in der Belaubung bei den Eichen festzustellen, die die aktuelle Stresssituation der Bäume charakterisiert. Zunächst ist davon auszugehen, dass die Verlichtung auf hohem Niveau und damit die Anfälligkeit für zusätzliche Belastungen durch biotische Schaderreger und Witterungsstress bleibt.

Fazit

Gegenüber der Entwicklung in Brandenburg ist für die in den Grenzen des Landes Berlin gelegenen Waldflächen, die zirka 2 Prozent der Waldfläche der Gesamtregion beinhalten, keine Tendenz einer Erholung des Waldzustandes im Beobachtungszeitraum festzustellen.

Die Schadstufenanteile für das Jahr 2004 ergeben die schlechtesten Werte seit Beginn der Waldzustandserhebung. Es gab noch nie so wenig gesunde und so viel stark geschädigte Bäume wie 2004. Sowohl Laubbäume, hier vor allem über 60jährige Eichen, als auch die Kiefern sind betroffen.

Das sehr sonnenscheinreiche Jahr 2003 endete mit einem sehr ausgeprägten Niederschlagsdefizit und abgesehen von den niederschlagsreichen Monaten Januar und Februar 2004, regnete es bis Mitte Mai nur halb so viel wie im vergleichbaren Referenzzeitraum. Mit anderen Worten, der Austriebszeitpunkt war für die Bäume zu trocken. Vor allem die ringporige Eiche, deren Wasserversorgung nur im diesjährigen Holz stattfindet, konnte kaum Frühholzgefäße bilden und somit erst im Juni, stark verzögert und häufig nur in Form von Johannistrieben austreiben.

Auf der ohnehin ungünstigen Ausgangsbasis der „märkischen Streusandbüchse“ herrschen durch langfristig wirkende Faktoren sehr ungünstige Wuchsbedingungen im Großstadtgebiet Berlin. Jene Faktoren zeichnen sich durch Grundwasserabsenkungen, Bodenversiegelung, Zerschneidung der Waldgebiete oder schleichende Bodenversauerung aus. Kurzfristige, „neue“ Einflüsse wie Sommersmog, vor allem im Sommer 2003, tragen nicht gerade zur Verbesserung der Situation bei. Die Bäume leben ausschließlich von der „Hand in den Mund“ und reagieren bei Wetterextremen sofort darauf, was früher nicht der Fall war. Diese sofortige, starke Reaktion auf solche Witterungsschwankungen deutet auf grundlegende Versorgungsprobleme hin. Zwar gehört die direkte Belastung der Blattorgane durch Schwefeldioxid wohl endgültig der Vergangenheit an, aber die Ozonkonzentration in der Waldluft liegt, besonders während der Vegetationszeit in heißen Sommern wie 2003, auf einem zu hohen Niveau.

Waldzustand Landkreise

Abbildung 5: Schadstufenanteile im Jahr 2004 nach Landkreisen in Brandenburg

Wie im Land Berlin ist auch in Brandenburg generell ein höheres Schadniveau im Jahr 2004 festzustellen. Im Vergleich von Laub- mit Nadelbaumarten wird die gegenläufige Entwicklung des Kronenzustandes beider Baumartengruppen deutlich.

Waren zu Beginn der systematischen Waldschadenserhebungen vor allem die Schäden der Kiefer in engem Zusammenhang mit der Immissionsbelastung problematisch, so gibt heute die Entwicklung der Belaubung der Laubbaumarten Anlass zur Sorge. Dabei kann der gegenwärtig noch dominierende Anteil der relativ gesunden Kiefernforsten in Brandenburg bei alleiniger Betrachtung des Landesergebnisses leicht über die Gefährdung der zukünftigen Wälder täuschen, in denen den standortgerechten Laub- und Mischwäldern ein wesentlich höherer Flächenanteil zukommen soll.

Territoriale Schwerpunkte mit überdurchschnittlich hohen Anteilen deutlicher Schäden, mit steigender Tendenz, sind die Landkreise Uckermark, Havelland, Oberspreewald-Lausitz, Barnim und Prignitz; vergleiche dazu die Abbildung 5.

 

Elmar Kilz

Leiter des Forstamtes Grunewald und
Waldschadensbeauftragter der Berliner Forsten


     Die Redaktion Umwelt, am 17. Mai 2005 – ugii Homepages –