Umweltpanorama Heft 7 (Februar 2005) | zur Liste | home | ||||||||
Das Gewässerrandstreifenprojekt Spreewald Ein Projekt für Mensch und Natur |
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Naturschutzgroßprojekte, so auch Gewässerrandstreifenprojekte sind Bestandteile eines Förderprogramms des Bundesumweltministeriums, das zum Ziel hat, die ökologische Qualität großflächiger natürlicher und naturnaher Landschaftsteile von herausragender überregionaler Bedeutung dauerhaft gegen Gefahren zu sichern und sie letztendlich zu verbessern. Alle diese Kriterien treffen auf den Spreewald zu. Das zirka 75 Kilometer lange und 15 Kilometer breite Niederungsgebiet südöstlich von Berlin weist ein weit verzweigtes Gewässernetz von zirka 1000 Kilometer auf. Es ist als Binnendelta eines Flusses einmalig für Deutschland, vielleicht sogar für Europa. Die hier erhaltene Kulturlandschaft wurde bereits 1990 als Biosphärenreservat Spreewald ausgewiesen, um einen langfristigen Schutz und eine nachhaltige Entwicklung dieses Gebietes sicher zustellen. Wie der gesamte Spreeverlauf ist auch der Bereich des Spreewaldes durch zahlreiche Eingriffe durch den Menschen geprägt. In jüngerer Zeit sind hier vor allem die Komplexmelioration und der großflächige Braunkohleabbau im Lausitzer Revier zu nennen. Dieser hatte bis in die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu einer permanenten Erhöhung der Abflüsse durch das Gebiet durch Einleitung von so genannten Sümpfungswässern geführt. Nach der Stilllegung der Tagebaue haben sich die Wassermengen, die den Spreewald durchfließen drastisch reduziert. Die Folge: Die durch die erhöhten Abflüsse eingetieften und oft auch verbreiterten Gewässerprofile führen bei den geringeren Wassermengen nun zu einer drastischen Reduktion der Fließgeschwindigkeit. Arten die an natürliche Fließgeschwindigkeiten angepasst sind bekommen Probleme. Zu diesen gehört auch die Quappe (Lota lota). Dieser Fisch des Jahres 2002, der früher körbeweise aus der Spree gezogen wurde und die Küche Brandenburgs bereicherte, ist heute ein seltener Gast sowohl in den Fließen als auch in den Kochtöpfen geworden. Als strömungsangepasster und auf sauerstoffreiches Wasser angewiesener Raubfisch findet die Quappe nicht mehr geeignete Laichbedingungen vor. So kann sie sich und das, obwohl jedes Weibchen eine Million Eier ablegen kann nicht mehr ausreichend fortpflanzen. Stauanlagen ohne funktionierenden Fischpass isolieren sie und viele andere Arten. Die Quappe ist deshalb ein Symbol für das, was mit dem Projekt erreicht werden soll: Die Wiederherstellung von naturnahen für Organismen durchgängigen Fließen, die mit ausreichend Wasser von guter Qualität versorgt sind. Als Logo ziert die Quappe folglich alle Aktivitäten des Projektträgers. Hinzu kommt, dass sich die Klimabedingungen in Brandenburg in Zukunft verschärfen dürften. Prognosen gehen davon aus, dass trockenere und wärmere Sommer wie sie 2000 und 2003 bereits zu verzeichnen waren häufiger werden. Sie führen zu schlechterer Wasserqualität und verringerter Fließgeschwindigkeit in den Fließen des Spreewaldes. Artenrückgang und absinkende Grundwasserstände sind die Folge. Nach einer mehrjährigen sehr intensiven Vorbereitungszeit haben der Bund und das Land Brandenburg das zweiphasige Projekt bewilligt. Projektträger ist der Zweckverband Gewässerrandstreifenprojekt Spreewald. Die Mittel dazu werden zu 72,5 Prozent vom Bundesumweltministerium, zu 20,5 Prozent vom Land Brandenburg und zu 7 Prozent vom Projektträger aufgebracht.
Phase 1, 2001 bis 2003: Erstellung eines Pflege- und Entwicklungsplans für das Projektgebiet (siehe Abbildung). Die Planung wurde erstmalig in der Bundesrepublik durch ein Informations- und Beteiligungsverfahren begleitet. Die Arbeitsgruppen zum Projekt wurden von mehr als 1000 Teilnehmern besucht, die ihre Vorschläge und Kritikpunkte einbrachten. Die wertvollen Erfahrungen der Menschen vor Ort fanden so Niederschlag in der Naturschutzplanung. Phase 2, 2004 bis 2013: Umsetzung von Maßnahmen meist im wasserbaulichen Bereich. Ziel des Projekts ist der Erhalt und die Wiederherstellung natürlicher und naturnaher Bestandteile in der Kulturlandschaft des Spreewaldes, vor allem durch die Stabilisierung des Wasserhaushaltes. Dabei werden zwei Strategien verfolgt: 1. Für die Fließgewässer soll ein System ökologisch durchgängiger kleinerer Nebengewässer, die prioritär als Lebensraum für Fließgewässerorganismen wie der Quappe dienen, entwickelt werden. Diese sollen auch in Niedrigwasserzeiten noch eine ausreichende Fließgeschwindigkeit aufweisen. 2. Für den Wasserrückhalt (Moorschutz) sollen überdimensionierte Entwässerungssysteme zurückgebaut, Vernässungsflächen gesichert und Überflutungsräume geschaffen werden. Wie kann das erreicht werden? Die Wasserverteilung wird optimiert und Gewässerlebensräume erschlossen, zum Beispiel durch die Revitalisierung von zirka 25 Kilometer Fliessgewässerstrecke. Zwanzig Altarme werden wieder angeschlossen und entschlammt. Der Biotopverbund wird verbessert indem über 50 Stauanlagen zu ökologisch durchgängigen Bauwerken umgestaltet oder Umgehungsgerinne gebaut werden. Gewässerstrukturen werden verbessert, indem Uferbefestigungen rückgebaut und Uferverwallungen abgetragen werden. Auch Grundschwellen sollen eingebracht werden, um eine lokale Sohlaufhöhung und damit eine Verengung der zu großen Profile zu initiieren. Das Wasserspeichervermögen der Landschaft und die Wasserrückhaltung sollen verbessert werden. Moore spielen in diesem Zusammenhang eine hervorragende Rolle. Unter dem Gesichtspunkt des Moorschutzes ist es besonders wichtig Meliorationsgräben umzugestalten und entwässernde Gräben zu verschließen. Die Stauhaltung im Winterhalbjahr soll erhöht und die für den Spreewald einst so typischen winterlichen Überflutungen sollen in begrenzten Gebieten in einer Größe von 200 Hektar wieder eingeführt werden. Neben diesen wasserbaulichen Maßnahmen werden mit den Fördermitteln auch Flächen erworben, die für den Naturschutz von besonderer Bedeutung sind. Außerdem können Extensivierungsverträge mit Landwirten abgeschlossen werden. Damit sollen entgangene Gewinne der Bewirtschafter ausgeglichen werden, die durch eine naturverträglichere Nutzung ehemals intensiv genutzter Flächen entstehen. Alles in allem soll das Gewässerrandstreifenprojekt Spreewald als Filetstück des Masterplans Spree helfen die Renaturierung der Spree in den nächsten zehn Jahren voran zu treiben. Mit dem Masterplan Spree werden, ganz im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, fünf großflächige Abschnitte der Spree in einen langfristig stabilen und überlebensfähigen Zustand versetzt. Das Überleben der Spree als lebendiger Fluss steht dabei im Vordergrund. Hierzu wird das Naturschutzgroßprojekt im Spreewald einen großen Beitrag leisten können. Dr. Christine Kehl |
Die Redaktion Umwelt, am 14. Februar 2005 | ugii Homepages |