Umweltpanorama Heft 6 (November 2004) zur Liste | home

Die Energiekonzepte der Parteien

In fünf Beiträgen ihrer energiepolitischen Sprecher

Wer heute den Energieknopf ausschalten kann, hat Macht. Aber wir leben in einer Demokratie, in der ein Einzelner sich genau überlegen muss, was er tut; insofern ist Energieversorgung auch Politik. „Energiekonzepte nach der Jahrtausendwende“ ist der Leitgedanke unseres Heftschwerpunktes, der die Facetten politischer Perspektiven zur Energieversorgung aufzeigen soll. In Deutschland ist die Energieversorgung in erster Linie in privat-, dass heißt betriebswirtschaftlicher Hand, was hinsichtlich ihrer bedeutenden volkswirtschaftlichen Komponente erstaunlich ist. Doch die Regularien der Energiewirtschaft werden nach gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten erstellt, also von den von Bürgern gewählten Vertretern. Nachdem diese legislaturperiodisch wechseln können, erschien es uns sinnvoll jene Parteien zu befragen, die in der BRD oder einer ihrer Landesvertretungen politischen Einfluss haben. Als Resultat stellen wir im Folgenden fünf Beiträge vor, die auf unsere Bitte hin mit wenigen Worten das energiepolitische Konzept der jeweiligen Partei beschreiben. Da Politiker sehr sensibel auf Rangfolgen reagieren haben wir die Beiträge nicht nach Zahlen oder Prozenten geordnet, sondern einfach nach den Parteinamen in alphabetischer Reihenfolge. (hw)



Michaele Hustedt, MdB
energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen

Vom atomaren zum solaren Zeitalter

– So lautet die energiepolitische Marschrichtung der Grünen. Mit der Stilllegung der ersten Atomkraftwerke (Stade, Obrigheim) hat der Atomausstieg in Deutschland erste wichtige Etappenziele erreicht. Das ungelöste Problem der Entsorgung von Atommüll, das Unfallrisiko, die Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit sowie die zunehmenden Terrorgefahren: Die Atomkraft hat als Säule der Energieversorgung in Deutschland keine Zukunft mehr. Alle Vorschläge für eine Verlängerung der Laufzeiten oder sogar den Neubau von Atomkraftwerken sind Teil einer Gespensterdebatte. Der Konsens zwischen Wirtschaft und Regierung steht. Für einen Neubau gibt es aus rein ökonomischer Sicht kein Interesse seitens der Industrie.

Der Erfolg unserer Energiepolitik liegt aber vor allem im Einstieg in eine moderne und zukunftsgerechte Energieversorgung. Der Klimawandel und die Endlichkeit der Ressourcen gehören zu den größten ökologischen und ökonomischen Herausforderungen. Bei der Bewältigung dieser Zukunftsaufgaben sind wir in Deutschland ein gutes Stück weiter gekommen.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist zu einer weltweit einzigartigen Erfolgsgeschichte in der Industrie-, Energie- und Umweltpolitik geworden. Seit 1998 ist es gelungen, die Erneuerbaren von einer Nischentechnologie zu einer ernsthaften Alternative zu entwickeln. Von den Investitionen profitieren überwiegend kleinere und mittlere Unternehmen sowie über 130 000 Menschen, die in der Erneuerbaren-Energien-Branche arbeiten. Der Klimawandel wird die Nachfrage nach klimafreundlichen Energietechnologien weltweit noch anwachsen lassen.

Wir müssen den in Deutschland eingeschlagenen Kurs in Richtung einer nachhaltigen Energieversorgung fortsetzen und forcieren. Derzeit stehen wir in der Energiepolitik vor einem Scheideweg. In den nächsten 20-30 Jahren müssen zirka 40 000 Megawatt an Kraftwerkskapazitäten in Deutschland ersetzt werden, in der Europäischen Union über 200 000 Megawatt. Die dort zu tätigenden Investitionen in Milliardenhöhe werden über die Ausrichtung in der Energieversorgung und damit über Klimaschutz, Arbeitsplätze und Exportfähigkeit entscheiden. Wenn es darum gehen soll, die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit zu schützen, gibt es zur Energiewende keine Alternative. Denn die derzeitige Energieversorgung ist nicht nachhaltig. Nur ein grundlegender Umbau der Energieversorgung wird es ermöglichen die heutigen Energiesysteme in zukunftsfähige Bahnen zu lenken. Dafür sind vier zentrale Weichenstellungen grundlegend:

  1. Eine starke Minderung fossiler Energieträger,
  2. ein Auslaufen der Nutzung der Atomenergie,
  3. ein erheblicher Ausbau erneuerbarer Energien sowie
  4. die Steigerung der Energieproduktivität weit über bisherige Raten hinaus.

Von besonderer Bedeutung ist auch die Stärkung der Wettbewerbsintensität auf den Energiemärkten. Nur durch eine ausgewogene Regulierung des Strom- und Gasmarktes muss ein fairer Wettbewerb etabliert werden, der sowohl auf Produktionsseite als auch bei der Instandhaltung der Netzinfrastruktur ein hohes Maß an Versorgungssicherheit und gleichzeitig Akteursvielfalt für Innovationen garantiert. Durch eine Intensivierung des Wettbewerbs können die Preise für Industrie und Verbraucher deutlich gesenkt und Weichen für die dezentrale Energieversorgungen gestellt werden.

Konkret heißt dies:

  • neue, verbindliche Klimaschutzziele für die Zeit nach 2005 und 2012,
  • Energieeinsparung fördern,
  • den Ausbau der erneuerbaren Energien verstärken und diversifizieren,
  • weg vom Öl,
  • Entscheidungen für neue Kraftwerksinvestitionen sinnvoll treffen,
  • den Anteil an Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) deutlich steigern,
  • den Emissionshandel zu einem wirkungsvollen und ökologisch integeren Instrument für Klimaschutz ausgestalten,
  • heute in die Forschung investieren, um sich morgen besser auf dem Markt zu etablieren,
  • weltweit die Wende zu mehr Energieeffizienz und erneuerbaren Energien unterstützen.

Michaele Hustedt



Dr. Joachim Pfeiffer, MdB
energiepolitischer Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion

Energiepolitik ist Standortpolitik

Wie die aktuelle Debatte um Öl- und Strompreise zeigt, sind Energiepreise ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Unser Ziel ist daher eine langfristig kostengünstige, international wettbewerbsfähige und umweltverträgliche Energieversorgung für Unternehmen und Verbraucher.

Dabei steht Deutschland vor der gewaltigen Herausforderung, nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit sichern und verbessern, sondern gleichzeitig auch zur Lösung der globalen Probleme beitragen zu müssen.

Angesichts eines global ansteigenden Energiebedarfs, einer unzureichenden Versorgung weltweit sowie steigender Treibhausgasemissionen ist eine zukunftsfähige, das heißt sichere, umweltfreundliche und bezahlbare Energieversorgung für die Menschheit von existenzieller Bedeutung.

Stärkung der Energieforschung

Eine breit angelegte und offene Energieforschung und Entwicklung, bei der keine Option im Vorhinein ausgeklammert wird, ist der wichtigste Baustein einer nachhaltigen Energieversorgung. Die Energieforschung muss einen Beitrag zur Neu- und Weiterentwicklung aller Energietechnologien leisten. Neben den Hoffnungsträgern Brennstoffzelle und Wasserstoff dürfen auch Optionen wie die Clean-Coal-Technology *) oder die Kernfusion nicht aus rein ideologischen Gründen ausgeschlossen werden. Auch mit Blick auf den weltweiten Energiebedarf muss in Deutschland die breite technologische Palette von klimaverträglichen Kraftwerkstechnologien bis zu hocheffizienten Solarzellen erhalten bleiben und ausgebaut werden, um hier konkurrenzfähige Produkte international zu platzieren.

Ausgewogener Energiemix

Eine breite und ausgewogene Mischung von Energieträgern und Technologien ist die ökonomisch und ökologisch beste Voraussetzung für eine zukunftsfähige und nachhaltige Energiewirtschaft in Deutschland.

Weltweit werden in den kommenden Jahrzehnten die fossilen Energieträger unverzichtbar bleiben, aus Gründen der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit. Darüber hinaus können Klimaschutzpotenziale kostengünstig erschlossen werden, denn die Wirkungsgradsteigerungen in gängigen Kraftwerken sind schon für 5 Euro/Tonne Kohlendioxid zu haben, wohingegen bei derzeitigem Stand der Technik jede vermiedene Tonne Kohlendioxid durch Wind mit 50 Euro und durch Photovoltaikanlagen sogar mit 500 Euro zu Buche schlägt.

Zu diesem Mix gehört aus unserer Sicht auch die Kernenergie. Rund 30 Prozent des Stroms in Deutschland werden aus kohlendioxidfreiem Kernenergiestrom produziert. Aus Gründen der Versorgungssicherheit und des Klimaschutzes muss die Option auf eine langfristige Nutzung der Kernenergie offen bleiben. Auch um einen wichtigen Beitrag zur stetigen Verbesserung der Sicherheit kerntechnischer Anlagen weltweit zu leisten, hält die Union den Ausstieg für falsch.

In diesem Kanon werden die erneuerbaren Energien zunehmend eine wichtigere Rolle spielen, mittelfristig werden sie aber kaum die konventionellen ablösen können. Da sie zunächst auf Förderung angewiesen sind, muss diese nach Auffassung der Union bestimmte Kriterien erfüllen. Sie muss so ausgerichtet sein, dass die Preise degressiv gestaltet werden und sichergestellt ist, dass es weitere technische Fortschritte gibt, das heißt die Kosten pro erzeugter Kilowattstunde Strom oder Wärme sinken. Letztlich müssen sie jedoch ohne staatliche Förderung bestehen können.

Energieeffizienz

Die CDU setzt sich für einen sparsamen und effizienten Verbrauch von Energie zur Ressourcenschonung und zur Klimavorsorge ein. Insbesondere in der Altbausanierung und bei Haushaltsgeräten liegen hochwirtschaftliche, bisher nicht ausreichend genutzte Potenziale zur rationelleren Nutzung von Energie.

Diese können durch marktwirtschaftliche Anreize für verstärkte private Investitionen gehoben werden. Wir fordern daher ein unbürokratisches und technologieoffenes Marktanreizprogramm für die energetische Sanierung im Gebäudebereich, das über die Schaffung von steuerlichen Erleichterungen für energetische Sanierungsmaßnahmen flankiert wird.

Globales Problem global lösen

Im Rahmen des internationalen Klimaschutzes müssen die effizientesten Wege gewählt werden. Dazu gehören die möglichst breite Einführung des Emissionshandels und die Möglichkeit zur vollständigen Ausnutzung der flexiblen Klimaschutzmaßnahmen (CDM und JI *) – sowohl national als auch global. Klimavorsorge kann erfolgreich nur global realisiert werden.

Politik aus einem Guss

Unserer Auffassung nach ist der Faktor Energie durch staatliche Belastungen immens verteuert worden, so dass alle Positiveffekte der Energiemarktliberalisierung ohne nachweislichen Nutzen für die Umwelt aufgezehrt wurden. Darüber hinaus wurde ein energiepolitischer Instrumentenwirrwarr aufgebaut, der unserer Ansicht nach auf den Prüfstand gehört. Nach Abschluss der ersten Testphase des Emissionshandels 2007 gilt es, die Wechselwirkungen aus Erneuerbare-Energien-Gesetz, Ökosteuer, Kraft-Wärme-Kopplung-Förderung und Zertifikatehandel zu überprüfen und daraus ein funktionierendes Instrument zu entwickeln, das nicht zu Dauersubventionen und Doppelbelastungen von Industrie und Haushalten führt.

Dr. Joachim Pfeiffer


*) Erläuterungen

Clean-Coal-Technology: Mit neuen Verfahren zur Gewinnung reiner Kohle (clean coal technology) wird eine Verbesserung der Brennstoffqualität erreicht. Damit einher geht, so erhofft man sich für die Zukunft, eine Minderung der Kohlendioxid-Emission. Primär geht es bei diesen Verfahren um die Reduktion des Aschegehaltes, welche mittels spezieller Gewinnungs- und Abbautechniken erreicht werden soll.

Clean Development Mechanism (CDM): Ein Emissionshandel zwischen Industriestaaten und jenen Entwicklungsländern, die keine Emissionsbegrenzungen haben.

Joint Implementation (JI – Gemeinsame Umsetzung): Durch die Beteiligung an einem JI-Projekt können Unternehmen Ihre eigenen Reduktionsverpflichtungen im Ausland erfüllen, wo die Kosten für die Verringerung von Treibhausgasemissionen niedriger sind



Angelika Brunkhorst, MdB
Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für erneuerbare Energien

Ausgewogener Energiemix + Wettbewerb = Versorgungssicherheit

Der globale Energiebedarf wird sich nach Schätzungen der WETO-Studie *) der Europäischen Union bis zum Jahr 2030 nahezu verdoppeln. Dies macht vor dem Hintergrund zurückgehender fossiler Ressourcen, der anstehenden weiteren Liberalisierung und Regulierung der Energiemärkte und eines überalterten Kraftwerksparks deutlich, welchen nationalen und internationalen Herausforderungen es im energiepolitischen Bereich zu begegnen gilt. Die FDP hat deshalb als bisher einzige Fraktion ein umfassendes und konsistentes Energiepolitisches Programm in den Deutschen Bundestag eingebracht. Es kann unter http://www.angelika-brunkhorst.de/ abgerufen werden.

Wir Liberale halten für eine konsequente Energiestrategie folgende Leitsätze für unverzichtbar:

Deutschland braucht einen Energiemix aus fossilen Energieträgern, Kernenergie und erneuerbaren Energien. Dazu müssen Markt und Wettbewerb geeignete Rahmenbedingungen erhalten. Das Bundeskartellamt wäre für uns statt der RegTP *) die geeignetere Regulierungsbehörde gewesen. Wir wollen eine schlanke Regulierung im Rahmen der Umsetzung der EU-Beschleunigungsrichtlinien Strom und Gas und damit faire Wettbewerbsbedingungen in den Netzen.

Für den Energiebereich insgesamt gilt:

Staatliche Regulierungen und Subventionen müssen eingedämmt, Diskriminierungen abgebaut werden. Der heimische Steinkohlenbergbau hat für die FDP über 2005 hinaus keine Zukunft. Investitionssicherheit muss insbesondere im Hinblick auf den notwendigen Neu- und Zubau von Kraftwerken und Netzen gewährleistet werden. Die anstehende Modernisierung des Kraftwerksparks und ein modernes Netzmanagement bieten nach Auffassung der FDP die Chance, verstärkt für den Klimaschutz genutzt zu werden. Weiterhin muss der Gebäude- sowie der Verkehrssektor stärker in ein Energiekonzept integriert werden. Nur so können Energieeinspar- und Energieeffizienzmaßnahmen sowie die erneuerbaren Energien in ein klimapolitisches Gesamtkonzept eingebunden werden. Kernenergie bleibt nach Ansicht der Liberalen weiterhin eine Option für die sichere Energieversorgung. Laufzeiten von Kernkraftwerken sind daher nicht politisch-ideologisch zu entscheiden, sondern primär nach Erfordernissen der Sicherheitstechnik, des Klimaschutzes und der Betriebswirtschaft.

Die Nutzung erneuerbarer Energien ist als eine Option im Energiemix weiter voran zu treiben, weil es sich um Zukunftstechnologien für den Klimaschutz und für eine nachhaltige Energieversorgung handelt. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist dazu jedoch der falsche Weg. Die garantierten Fördersätze bedeuten eine auf Dauer angelegte Marktintervention mit direktem Eingriff in die Preisbildungs- und Versorgungsmechanismen des wettbewerblichen Elektrizitätsmarktes. Das EEG belastet die Stromverbraucher mit erheblichen Zusatzkosten. Es ist letztlich keine geeignete Grundlage für eine langfristig tragfähige Energie-, Klima- und Umweltpolitik. Mit ihrem Antrag „Marktwirtschaftliche Förderung des Einsatzes Erneuerbarer Energieträger“ (BTag-Drs. 14/ 5328 vom 14. Februar 2001 *) hat die FDP-Bundestagsfraktion ein eigenes, marktwirtschaftliches Modell zur Förderung erneuerbarer Energien vorgelegt. Ein mengengesteuertes Ausschreibungsmodell soll zu einem Wettbewerb der günstigsten Regenerativenergien führen.

Auch die Nutzung moderner Energiespeichertechnik ist unverzichtbar für eine konsistente Energiepolitik. Dadurch erübrigen sich massive und zusätzliche Investitionen in eine Erweiterung der Netzkapazitäten und der Regelenergiereserve, was die Kosten einer Nutzung erneuerbarer Energien senkt. Erhebliche Potentiale zur Kostensenkung erschließt letztlich die internationale Perspektive. Gerade in den Entwicklungsländern kann durch eine forcierte Nutzung erneuerbarer Energien viel für eine wirksame Entlastung der Erdatmosphäre erreicht und zugleich die Kosten des weltweiten Klimaschutzes erheblich gesenkt werden.

Die FDP setzt bei der Energiepolitik in großem Maße auch auf die Energieforschung als strategisches Instrument zur Umsetzung einer zukunftsweisenden Energiepolitik. Forschungspolitik ist Langfristpolitik. Forschungsschwerpunkte sind die Erschließung neuer Technologiefelder, die Entwicklung neuartiger Materialien und Kraftstoffe, Arbeiten zur Gewährleistung eines sichereren Betriebes der Kernkraftwerke sowie zur ständigen Verbesserung ihrer sicherheitstechnischen Ausrüstungen. Die Fusionsforschung muss ein fester Bestandteil der Energieforschung in Deutschland bleiben.

Nationale Energiepolitik muss letztlich eine Mammutaufgabe meistern: 2020 sollen nach derzeitigem Atomkonsens die Kernkraftwerke vom Netz gehen. Dann müssten 40 000 Megawatt Leistung jährlich ersetzt werden. Die Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit Energie muss dann gewährleistet sein. Gebraucht wird eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, die im Interesse aller Stromkunden bei der Energieversorgung ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis in den Vordergrund stellt.

Angelika Brunkhorst


*) Erläuterungen

WETO-Studie: Ein Bericht der EU-Kommission vom 13. Mai 2003 unterstützt nicht-fossile Energiequellen, wie die Kernenergie und die erneuerbaren Energien. Die Weltenergie-, Technologie- und Klimapolitik-Aussicht (WETO) ist im Internet erhältlich: http://europa.eu.int/comm/research/energy/pdf/weto_final_report.pdf.

Reg TP: Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.

BTag-Drs.: Bundestagsdrucksache



Prof. Dr. Wolfgang Methling
Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft der PDS „Umwelt-Energie-Verkehr“

100 Prozent erneuerbare Energien bis 2050

– So kurz und trotzdem aussagekräftig könnte das Fazit der energiepolitischen Standpunkte der PDS lauten.

Im Parteiprogramm, das im Herbst 2003 beschlossen worden ist, heißt es:

„Eine Schlüsselrolle im ökologischen Umbau spielt die solare Energiewende. Energieeinsparung, erhöhte Energieeffizienz und die Entwicklung erneuerbarer Energien weisen den Weg aus der Sackgasse atomar-fossiler Energiewirtschaft.“

Eine der vordringlichsten Aufgaben der Menschheit in den nächsten Jahrzehnten ist der Schutz des Klimas auf der Erde. Daher brauchen wir Alternativen zur bestehenden Energie- und Stromversorgung, die auf der Basis fossiler und atomarer Träger beruht.

Ab dem Jahr 2010 wird mit einem erheblichen Bedarf an neuen Erzeugungskapazitäten gerechnet, der auf drei voneinander unabhängige Ursachen zurück zu führen ist:

  • Viele fossil befeuerte Kraftwerke werden im derzeitigen oder kommenden Jahrzehnt das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreichen und müssen außer Betrieb genommen werden.
  • Die in Deutschland installierten Kernkraftwerke werden im gleichen Zeitraum hoffentlich weitgehend außer Betrieb genommen werden.
  • Der Strombedarf wird in Zukunft bei unveränderten Verbrauchsgewohnheiten weiter steigen.

Die Versuche der Kraftwerkslobby, mit „visionären Kraftwerkstechnologien“ die Verbrennung fossiler Energieträger zur Stromerzeugung oder die Wiederbelebung der atomaren Technik, den Menschen in diesem Lande als Königsweg und alternativlos für eine nachhaltige Entwicklung zu verkaufen, findet keine Zustimmung durch die PDS.

Im Endbericht der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung“ vom 7. Juli 2002 wird detailliert beschrieben, welche Rolle die erneuerbaren Energien in Zukunft spielen können. So stellen die Autoren fest: „Die regenerativen Energiequellen bieten ein – gemessen an menschlichen Zeitmaßstäben – unerschöpfliches Energiepotenzial, das den derzeitigen Energieverbrauch um viele Größenordnungen übersteigt. Von den drei regenerativen Energiequellen, solare Strahlung, Geothermie und Gezeitenkraft, ist die Sonnenenergie bei weitem die Größte. Die drei regenerativen Energiequellen mit ihren direkten und indirekten Nutzungsmöglichkeiten sind grundsätzlich in der Lage, alle heute und in Zukunft benötigten Sekundärenergieträger bzw. Nutzungsenergieformen Wärme, Strom und Brennstoffe bereitzustellen.“

Erneuerbare Energien seien zu teuer und verzerren den Wettbewerb, wird ihren Befürwortern immer entgegengehalten. Zum einen widerlegen der „Kohlepfennig“ und die politische und finanzielle Verantwortung des Staates für die Entsorgung atomarer Abfälle diese Argumentation. Und zweitens wird die Konzentration der zweifellos begrenzten staatlichen Mittel auf die Erforschung aller noch offenen Fragen bei der Gewinnung und Nutzung regenerativer Energien perspektivisch auch kostensenkende Wirkungen haben.

Dies wird allerdings nicht von alleine und nicht von heute auf morgen geschehen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Weitere Schritte sind aber nötig. Bei der mittelfristig noch notwendigen Nutzung von fossilen Energieträgern sollte vorrangig auf moderne Gaskraftwerke zurückgegriffen werden.

Forschung und Entwicklung müssen auf die noch ungelösten Probleme im Bereich der erneuerbaren Energien – wie Fragen der Speicherung und des Ausgleichs bei diskontinuierlicher Erzeugung – konzentriert werden. Möglichkeiten der Energieeinsparung durch Wirkungsgradverbesserungen sind konsequent zu nutzen. Und nicht zuletzt brauchen wir auch Verhaltensänderungen der Menschen, die auf der Erkenntnis beruhen, dass die Erde nicht überleben wird, wenn wir die von Menschen verursachten und die Ozonschicht zerstörenden Treibhausgasemissionen, insbesondere durch Kohlendioxid, langfristig nicht stoppen. Fossile Energieträger sind Kohlendioxidträger und endlich. Schon heute werden Kriege um ihre Verfügbarkeit geführt. Abgesehen von den mit der Nutzung der Atomenergie verbundenen immensen Gefahren und der völlig ungeklärten Endlagerproblematik sind auch nukleare Ressourcen begrenzt.

Aber leider ist es oft so, dass es erst Katastrophen sind, die uns zur Besinnung bringen.

Dem allen möchte die PDS mensch- und umweltfreundliche Alternativen entgegensetzen.

Ein dezentrales, vollständig solares Energiesystem ist unser Ziel.

Prof. Dr. Wolfgang Methling



Rolf Hempelmann, MdB
energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Energiepolitik für Innovationen, Investitionen und Klimaschutz

Ende letzten Jahres hat die SPD-Bundestagsfraktion ihre energiepolitische Agenda 2010 beschlossen und dadurch tragfähige Leitplanken für eine sichere, innovative, qualitativ hochwertige und umweltverträgliche Energieversorgung geschaffen.

Die Energiepolitische Agenda 2010 setzt nicht lediglich auf einzelne Energieträger oder Technologien. Vielmehr plädiert die SPD-Bundestagsfraktion für die Einbettung aller verfügbaren Energieträger und Technologien in eine energiepolitische Gesamtlinie. Im Zentrum steht der Gedanke der Energieeffizienz. Es ist in einem entwickelten Industrieland wie Deutschland möglich und vorteilhaft, mit weit weniger Energie als bisher auszukommen. Darin liegt ein entscheidendes Moment.

Neben Effizienzgesichtspunkten muss eine nachhaltige Energiepolitik auf Innovation, Beschäftigungsanreize und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit setzen. Angesichts der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sind technologische Leistungsfähigkeit und Modernisierung der Versorgungsstrukturen von zentraler Bedeutung. Um das Ziel zukunftsfähiger Energieversorgungsstrukturen zu realisieren, gilt es die notwendigen Investitionsrahmenbedingungen zu setzen. In diesem Sinne steht die energiepolitische Agenda 2010 in der sozialdemokratischen Linie der ökologischen Modernisierung und der Zusammenführung von Arbeit und Umwelt.

Daneben dient die energiepolitische Agenda 2010 als Leitfaden und Messlatte für in diesem Jahr bereits verabschiedete Gesetze – etwa für das Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG) und die Gesetze zur Einführung des Kohlendioxid-Emissionshandels – sowie für die aktuelle Novellierung des energiewirtschaftlichen Ordnungsrahmens (EnWG-Novelle).

Die in diesem Frühjahr erfolgreich verabschiedete EEG-Novelle setzt deutliche Signale für einen stetigen und zielgerichteten Ausbau der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien. Gleichzeitig werden die Anforderungen an die Effizienz der Anlagen und damit der Anreiz zur Senkung von Kosten und zur Steigerung der Wirkungsgrade erhöht. Da bis zur Mitte dieses Jahrhunderts die gewinnbaren Erdöl- und Erdgasvorräte weitgehend erschöpft und nur noch zu sehr hohen Preisen verfügbar sein werden, müssen bis dahin die erneuerbaren Energien im entsprechenden Umfang zur Verfügung stehen und wettbewerbsfähig sein, um ihren Beitrag zur Versorgungssicherheit zu leisten.

Mit den Gesetzen zum Emissionshandel haben wir die Voraussetzungen für einen fristgemäßen Beginn des Emissionshandels geschaffen und damit stabile Rahmenbedingungen für bevorstehende umfangreiche Modernisierungsinvestitionen in der deutschen Energiewirtschaft. Dass es uns gelungen ist, mit dem Emissionshandel ambitionierten Klimaschutz und verantwortungsvolle Industriepolitik zusammen zu führen belegen die unmittelbar nach der parlamentarischen Beratung öffentlich vorgelegten Investitionsankündigungen einer Reihe von Energieversorgern.

Das größte Einsparpotential beim Energieverbrauch eröffnet der Gebäudesektor. Trotz der Energieeinsparverordnung und der Förderprogramme zur Kohlendioxid-Reduktion sind weitere Schritte notwendig. Dazu zählen die Einführung eines Energiepasses für mehr Transparenz, eine Effizienzberatung im Gebäudebereich, verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und auch finanzielle Anreize, um die Einsparpotenziale zu aktivieren.

Zentral ist natürlich die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes durch die mit der Einführung einer Behörde zur Regulierung der Strom- und Gasnetze ein Paradigmenwechsel eingeleitet wird. Es gilt, die notwendigen Instrumentarien zu schaffen, damit vorhandene Effizienzspielräume in den Netzen zu Gunsten der Kunden fruchtbar gemacht werden. Zugleich müssen aber auch notwendige Investitionen in Ausbau, Erhalt und Modernisierung der Netze für die Betreiber weiterhin wirtschaftlich interessant bleiben.

Rolf Hempelmann


     Die Redaktion Umwelt, am 15. November 2004 – ugii Homepages –