Umweltpanorama Heft 5 (August 2004) | zur Liste | home | ||||||
Umwelterziehung in Zeiten schlechter Nachrichten Dekade für nachhaltige Bildung |
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Die UNESCO (United Nations Educational, Social and Cultural Organisation) hat die kommenden 10 Jahre zur Dekade der Bildung für Nachhaltigkeit erklärt. Warum? Auf der internationalen Konferenz 1992 in Rio wurde das Leitbild der Nachhaltigkeit für die weitere Zusammenarbeit der Völker und die Arbeit auf nationaler Ebene beschlossen. Im Verlaufe der seit dem vergangenen Jahre hat sich jedoch gezeigt, das dieses Leitbild nicht konkret umzusetzen ist, wenn Menschen nicht über diesbezügliche Bildung verfügen. Rahmenbedingungen in Deutschland In Deutschland wurde Umweltschutz vor 10 Jahren als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen. Nachhaltigkeit ist erklärtes Politikziel unserer Regierung. Es gibt eine Reihe von erfolgreichen Entwicklungen im Umweltschutz unseres Landes, Europas und auch der Welt. Interdisziplinäre Kooperationen, Engagement, Einigkeit wo man sie als Unbeteiligter nicht vermutet. All dies ist nicht Bestandteil unserer Allgemeinbildung. Es wird in den Medien nicht reflektiert. Da Umweltschutz zu Erfolgen geführt hat (zum Beispiel geringere Luft- und Wasserverschmutzung) sind Menschen meist nicht derart von Umweltproblemen betroffen, das sie sich selbst als betroffen wahrnehmen und näher mit Umweltfragen befassen. Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts standen staatstragende Ziele im Vordergrund der Allgemeinbildung. Das Weltbild der damaligen Kinder und heutigen Erwachsenen, einschließlich ihrer Führungspersönlichkeiten, wurde geprägt von Fortschrittsglauben und Vertrauen in institutionelle Autoritäten. Systemimmanente, kollektive und persönliche Verantwortungslosigkeit verursachten in der Folge Umweltprobleme mit weitreichenden Folgen. Deshalb wurden Ziele der Allgemeinbildung auf verschiedenen Ebenen ergänzt. Politiker, Wissenschaftler und Pädagogen wollten, dass Kinder den Wert unsere natürlichen Lebensgrundlagen schätzen lernen und sich als Teil der Welt erkennen. Die Definition der Ziele für die Bildung unserer Kinder sollte den unteilbaren Zusammenhang des menschlichen Schicksals von dem der Welt anerkennen und den Schluss zur Nachhaltigen Entwicklung herstellen. Das neue Berliner Schulgesetz 2004 hat Umweltschutz Eingang in das neue Berliner Schulgesetz gefunden. Danach soll schulische Bildung Schülerinnen und Schüler u. a. dazu befähigen: ...die Auswirkungen des eigenen und gesellschaftlichen Handelns auf die natürlichen lokalen und globalen Lebensgrundlagen zu erkennen, für ihren Schutz Mitverantwortung zu übernehmen und sie für die kommenden Generationen zu erhalten, die Folgen technischer, rechtlicher, politischer und ökonomischer Entwicklungen abzuschätzen sowie die wachsenden Anforderungen des gesellschaftlichen Wandels und der internationalen Dimension aller Lebensbezüge zu bewältigen, .... Um diese Ziele erreichen zu können, sollen Schulen in Berlin innerhalb des Erziehungs- und Bildungszieles selbständig Unterricht, Erziehung und Schulleben gestalten. Dazu legen sie im Schulprogramm ihre besonderen pädagogischen Ziele, Schwerpunkte, Organisationsformen in Unterricht, Erziehung, Beratung und Betreuung, ein schuleigenes pädagogisches Handlungskonzept und die Ausgestaltung der pädagogischen Schwerpunkte fest. Interne und externe Kooperationen sind jetzt ausdrücklich vorgesehen, vorausgesetzt sie nutzen den genannten Zielen.
Die Palette der außerschulischen Umweltbildungsangebote ist in Berlin vielfältig *) . Uneinig ist man bisher darüber, welchen Anteil die Bestandteile der kindlichen Umgebung und Erfahrungswelt am Bilden von Umweltbewusstsein haben. Für einige Zeit waren Schulen selbst als Dritter Pädagoge und Ökologische Lernorte in der nationalen und internationalen Diskussion. Der Betrieb einiger Schulen wird heute auch ökologisch organisiert und bewertet, eine erfreuliche Entwicklung (Grün macht Schule, Fifty-Fifty, Öko-Audit)! Diese Projekte sind durch hohes Engagement Einzelner entstanden. Persönliche Überzeugungen und Engagement sind nicht übertragbar, aber ihnen liegen immer Informationen zu Grunde, die bisher noch nicht zur Lehrerausbildung gehören aber zu finden sind zum Beispiel die Berliner Empfehlungen Ökologie und Lernen. Umweltthemen sind nur vereinzelt, oft auch lediglich fakultativ in Curricula zu finden. In den ersten Klassen der Grundschule gibt es noch regelmäßige Bezüge zur natürlichen Umwelt. In Oberschulen wird nicht daran angeknüpft und überwiegend abstrakt unterrichtet. Die Kinder und Jugendlichen vergessen das alle Dinge einen natürlichen Ursprung haben. Umweltschutz wird vom Lehrpersonal bisher eher als zusätzliche Last gesehen. Derart gestimmte Lehrerinnen und Lehrer entscheiden über den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern. Reflexionen in der Öffentlichkeit Leider sind Umweltthemen auch fast völlig aus der allgemeinen Medienberichterstattung verschwunden und selten Gegenstand von künstlerischen Arbeiten und somit in der öffentlichen Wahrnehmung im Verhältnis zu ihrer Brisanz unterrepräsentiert. Ganz zu schweigen von der gesellschaftlichen Wertediskussion. Wie sollen Themen die im Alltag der Kinder nicht vorhanden sind ihr Bewusstsein beeinflussen? Handlungsmuster nachhaltig zu prägen bedarf eines gesellschaftlichen Paradigmenwechsels (Diskussion in Medien, Kunst, Werbung). Bis zum November diesen Jahres werden vom Nationalkomitee für Bildung Vorschläge entgegengenommen wie Bildung in den nächsten 10 Jahre gestaltet werden könnte. Leider wissen noch nicht sehr viele Menschen in unserem Land von der Initiative der UNESCO. Die Bildungskommission der Heinrich-Böll-Stiftung hat jetzt nach mehrjähriger Arbeit Empfehlungen vorgelegt. Diese Empfehlungen beziehen sich auf:
Die Vorschläge sind zukunftsweisend und umfassend in dem Buch Selbständig lernen erläutert. Wenn unsere Schulen von (umwelt-)gebildeten Persönlichkeiten verlassen werden sollen, so brauchen sie regelmäßig Felder und Aufgaben, an denen sie ihre Fähigkeiten und Begabungen erproben, ausbilden und weiter entwickeln können. Dafür ist jede reale Situation geeignet, so die Möglichkeit besteht sie zu nutzen. Besonders eignen sich nach meiner persönlichen Einschätzung Situationen, in denen es keine klaren Erkenntnis- oder Fähigkeitsvorteile anderer Beteiligter gibt. Dann besteht für alle Beteiligten eine Chance für Umweltthemen integrierenden Unterricht. Für die zu erarbeitenden Alternativen soll es möglich sein, Aufgaben für die Schüler aller Klassenstufen zu formulieren:
Die Aufgaben und die Arbeit daran, sollen dabei jedem die Bedeutung der Verantwortung, für seinen unmittelbaren Lebensraum vermitteln. Kompetente Anleitungen und Begleitungen durch externe Spezialisten sind durch die Regelungen im neuen Berliner Schulgesetz sogar über lange Zeiträume zu organisieren. So eröffnen sich Heranwachsenden Wege unüberschaubare Mengen an Einzelinformationen über unsere Umwelt zu strukturieren, in komplexen Zusammenhängen anzuschauen und eigene Einflussmöglichkeiten zu erproben.
Christine Schmidt Anmerkung *) Eine Übersicht zu außerschulischen Bildungseinrichtungen im Bereich Umwelt und Natur hat die Stiftung Naturschutz Berlin zusammengestellt. Die Angebote sind im Internet unter www.gruene-lernorte-in-berlin.de bereitgestellt. |
Die Redaktion Umwelt, am 16. August 2004 | ugii Homepages |