Umweltpanorama Heft 2 (Dezember 2003) zur Liste | home

Altkleider in den Müll?

Gestern haben sie einige neue Kleidungsstücke erstanden. Zu Hause stellten sie fest: der Kleiderschrank ist übervoll mit Sachen, die noch gut in Ordnung aber nicht mehr ganz aktuell sind. Also haben sie aufgeräumt und Platz geschaffen. Bloß wohin mit dem, was von ihnen aussortiert wurde?

Glaubt man den Statistiken, wandert fast die Hälfte ausrangierter Bekleidung in den Hausmüll. Da der Hausmüll Berlins inzwischen komplett verbrannt wird, freut das die Betreiber der Müllverbrennungsanlagen, denn in alten Klamotten steckt noch ein recht hohes Heizpotenzial.

MaterialHeizwert (kJ/kg)
Erdöl45 000
Erdgas35 000
Polyacryl29 000
Steinkohle29 000
Polyester22 000
Wolle20 000
Baumwolle15 000
Braunkohle10 000

Verbrennen ist jedoch die schlechtesten aller Möglichkeiten im Umgang mit so wertvollen Rohstoffen wie Textilien:

Die Wiederverwendung ist die beste aller Möglichkeiten, denn bei dieser Methode behält ein Bekleidungsstück seinen ursprünglichen Zweck bei. Also wenn ein Rock nicht mehr topaktuell ist, wird ihn vielleicht eine Freundin gerne weiter tragen.

Bei der Weiterverwendung wird aus dem Rock ein kleinerer Rock für die Tochter geschneidert, oder der Rock wird als Bekleidungsstück für die Gartenarbeit benutzt. Der ehemals schicke Rock wird dann aber nie wieder ins Theater angezogen werden.

Die Wiederverwertung ist nun die Methode, bei der ein echtes Recycling stattfindet. Der Rock kommt in eine Reißerei und wird dort zu Fasern zerrissen. Aus den Fasern kann dann ein neues Garn hergestellt werden, aus dem z. B. ein Gewebe für einen neuen Rock hergestellt wird. Textilrecycling funktioniert sehr gut bei Wollsachen. Kaufen sie Bekleidung, bei der im Etikett das Wort „Wolle“ anstelle von „Schurwolle“ steht, so hatte dieses Bekleidungsstück wahrscheinlich schon ein Vorleben hinter sich.

Auch bei der Weiterverwertung werden Textilien zerrissen, nur werden hier die Reißfasern zum Beispiel zu Dämmplatten weiterverarbeitet. Diese Platten können, wenn sie nicht mehr benötigt werden, nur noch verbrannt oder deponiert werden.

Was für Möglichkeiten bestehen zur Wiederverwendung von Bekleidung?

Kleidersammel- und Abgabestellen

für Bedürftige, wie Arbeitslose, Asylbewerber, Aussiedler, kinderreiche Familien und Nichtsesshafte.

Berlin-City e.V.

  • Luisenstraße 45, Mitte
  • Wilhelmshavener Straße 71, Tiergarten

Oxfam

  • Friedrich-Ebert-Straße 11, Potsdam
  • Schönhauser Allee 118a, Prenzlauer Berg
  • Carl-Schurz-Straße 53, Spandau
  • Rheinstraße 22, Steglitz
  • Kurfürstendamm146, Wilmersdorf

Trödelpoint

  • Prenzlauer Allee 87, Prenzlauer Berg

Verkaufen

Nicht mehr gewünschte Kleidung kann in Second-Hand-Geschäften gebracht werden. Diese nehmen die Ware meist für einige Zeit in Kommission, und der Erlös wird nach einem ausgemachten Schlüssel geteilt. Auch der Verkauf auf Flohmärkten oder Basaren bietet sich an, nur wird hier für Bekleidung meist ein geringerer Preis erzielt als im Second-Hand-Geschäft. Dies gilt besonders für Erwachsenenbekleidung.

Spenden

Wer nun seine gut erhaltene Bekleidung nicht verkaufen möchte, wirft sie meist in einen Altkleider-Container, denn die karitativen Sammler versprechen, sie „Bedürftigen“ zugute kommen zu lassen. Es dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben, dass die so gesammelte Bekleidung an kommerzielle Sortierer verkauft wird (oder diese sind es, die mit dem Logo einer karitativen Organisation sammeln, weil so das Sammelaufkommen pro Container wesentlich höher ist). Und dann landet der größte Anteil der gesammelten Bekleidung gerade nicht bei „Bedürftigen“, denn die Lager für die Katastrophenhilfe sind bestens gefüllt. Der größte Sammelanteil wandert auf Altkleider-Märkte Osteuropas oder der Dritten Welt.

Wem das nicht behagt, kann sie an Kirchengemeinden oder Hilfsorganisationen, die Partnerschaften zu notleidenden Ländern haben, geben. Durch persönlichen Kontakt wird sichergestellt, dass die Spenden wirklich den dort lebenden Bedürftigen zugute kommen.

Soll die Bekleidung in Berlin bleiben, so kann sie an Frauenhäuser oder eine der vielen Wärmestuben gespendet werde, die gerade im Winter wärmende Bekleidung entgegennehmen. Auch der Organisation Oxfam kann gut erhaltene Bekleidung mit gutem Gewissen gegeben werden. Oxfam darf seit dem 30.10.2003 das Spendensiegel vom Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) – dem „Spenden-TÜV“ tragen.

Also, wenn Sie in Zukunft ihren Kleiderschrank aufräumen, werfen Sie nicht gleich alles in den Müllkasten oder Altkleider-Container.

Norbert Henzel

Textilökologie, -konsumtion und -produktion
Universität Oldenburg


     Die Redaktion Umwelt, am 15. Dezember 2003 – ugii Homepages –